Gut anderthalb Jahre nach dem Beginn des Ukraine-Krieges haben die westlichen Sanktionen gegen Russland nach Ansicht eines führenden Ökonomen ihr Ziel verfehlt. «Die Sanktionen sind gescheitert», erklärte Vasily Astrov vom Wiener Institut für Internationale Wirtschaftsvergleiche. Trotz der westlichen Strafmassnahmen und der Belastungen durch den Krieg verzeichne Russland ein bemerkenswertes Wirtschaftswachstum.
«Staat und Unternehmen haben sich in beeindruckender Geschwindigkeit an den Angriffskrieg gegen die Ukraine und die westlichen Sanktionen angepasst», erklärte er in einem Gespräch mit dem deutschen Nachrichtenkanal NTV. Sogar die Löhne und Gehälter würden steigen.
Es gebe allerdings auch Bereiche, in denen Probleme bestehen – insbesondere beim Öl- und Gasexport. Der Rückgang der Energie-Ausfuhren habe zu einem Verlust von rund einem Drittel der Exporterlöse geführt. Dies habe erhebliche Auswirkungen auf den Staatshaushalt.
Die Effekte der Handelssanktionen seien uneinheitlich, so Astrov. Einige westliche Konsumgüter würden nun über Drittländer bezogen, was zu erhöhten Preisen führe. Andere Produkte würden durch chinesische Alternativen ersetzt, aber bei bestimmten Investitionsgütern gestalte sich die Substitution schwierig.
Die Bevölkerung werde unterschiedlich stark von den Sanktionen betroffen. Während die Mittelklasse die Sanktionen spüre, verzeichneten ärmere Schichten aufgrund des Arbeitskräftemangels und höherer Löhne positive Auswirkungen. Generell habe sich der private Konsum nach einem kurzen Einbruch zu Beginn des Krieges schnell erholt.
Insgesamt seien die Sanktionen weitgehend gescheitert, so das Fazit von Astrov. Lediglich das europäische Importembargo für Öl und die Beschränkungen im Hightech-Bereich könnten langfristige Auswirkungen auf Russland haben. Dennoch ist dies nicht ausreichend, um Präsident Putin zum Einlenken zu zwingen, so die Einschätzung von Experten.