Ein verlorenes Jahrzehnt. So dramatisch und irgendwie auch tieftraurig klingt die Einschätzung der Weltbank mit Blick auf die globale wirtschaftliche Entwicklung.

Die Daumen zeigen nach unten: Statt 4,1 Prozent lautet die Schätzung für dieses Jahr nur noch 2,9 Prozent Wachstum.

Das bedeutet: Viele Länder stürzen in die Rezession. Denen, den es schlecht geht, wird es noch schlechter gehen. Die, die reich sind, werden weniger abgeben können. Und da, wo keine Perspektive ist, werden sich mehr Menschen auf den Weg machen dahin, wo sie sich ein besseres Leben versprechen.

Flüchtlingsströme, Kampf um Ressourcen, die Menschheit reibt sich auf – ein verlorenes Jahrzehnt eben, als Folge von Pandemie und dem russischen Feldzug gegen die Ukraine.

Wirklich?

Es gibt ein paar Lichtblicke: Die Auftragsbücher der Unternehmen in Europa sind prall gefüllt, hätten sie genug Arbeitskräfte und Material, würde kein Mensch mehr von einer Rezession reden.

Europa baut seine Wirtschaft mit mehr Macht als jemals zuvor klimaneutral um.

Der so ausgelöste Strukturwandel verstärkt den Abschwung, aber nur so lange, bis neue, weltweit gefragte Lösungen entstanden sein werden.

Die globale Arbeitsteilung ist ins Stocken geraten, aber es endet damit auch ein absurdes System, das T-Shirts für unter 3 Euro nach Europa spült, wovon niemand einen auskömmlichen Lohn erhalten kann.

Eine Rezession erdet die Märkte, an denen Unternehmen, die kein ein Produkt haben, geschweige denn jemals Gewinn gemacht haben, viel zu lange gehypt wurden wie ein Schlager-Sternchen nach seinem One-Hit-Wonder.

Die Rezession bringt Immobilien-Händler auf den Boden der Tatsachen, die Eigentum verkommen liessen und dennoch Wertsteigerungen erzielten. Und sie befeuert den Fortschritt, derzeit den digitalen, weil darin eine Effizienz-Steigerung liegt, die in der Krise dringender gebraucht wird als sonst.

So gesehen ist die Rezession eine Chance. Wir können dieses Jahrzehnt noch gewinnen.