Russland hat nach dem Zerfall der Sowjetunion den USA schon im Januar 1992 «Beziehungen des tiefen gegenseitigen Vertrauens und der Allianz» angeboten. Ausserdem schlug der neue russische Präsident Boris Jelzin weitreichende Abrüstungsschritte vor.

Doch die US-Regierung von Präsident George H. W. Bush zögerte, die ausgestreckte Hand zu ergreifen.

Dies geht aus Dokumenten des Archivs des amerikanischen Nationalen Sicherheitsrates hervor, die nun freigegeben wurden.

Demnach hatte Washington andere Prioritäten, als gute Beziehungen zu Moskau aufzubauen. Die USA konzentrierten sich auf die Kontrolle der verbliebenen sowjetischen Atomwaffen und auf tiefgreifende Wirtschaftsreformen in Russland.

Aus den Unterlagen geht ausserdem hervor, dass die Ukraine Gegenstand fast jeden Gespräches zwischen Moskau und Washington war. Jelzin habe viel Verständnis für die Ukraine gezeigt und anerkannt, unter welchem innenpolitischen Druck der damalige ukrainische Präsident Leonid Krawtschuk stand.

Er plädierte für eine friedliche Beilegung der Streitigkeiten, betonte jedoch, dass Russland das Land als «destabilisierenden Hauptfaktor» betrachte.

In den USA wurde Jelzin sehr widersprüchlich wahrgenommen. Während man in Washington die detaillierte Sachkenntnis des Russen bei Verhandlungen anerkannte, zeichnete die US-Botschaft in Moskau konstant ein anderes Bild, das sich auf die Alkoholprobleme Jelzins konzentrierte. Er sei «von Hintergrund und Charakter her merkwürdig ungeeignet, eine autokratische Gesellschaft in Richtung Demokratie zu führen».