Er polarisiert nicht wie Alice Schwarzer oder Sahra Wagenknecht, und sein wissenschaftlicher Ruf ist unbestritten. Der Soziologe Wolfgang Streeck, 77, war Direktor am Max-Planck-Institut für Gesellschaftsforschung in Köln und Mitglied mehrerer bedeutender internationaler Akademien.

Streeck hat das «Manifest für den Frieden» von Schwarzer und Wagenknecht unterzeichnet. Im Gespräch mit der Frankfurter Rundschau erklärt er seine Motive.

Dass Verhandlungen zwischen Russland und der Ukraine schlicht nicht möglich seien, stellt er in Abrede. Diplomaten seien «dafür geschult und nicht schlecht bezahlt, auch bei scheinbar ausweglosen Konflikten Gemeinsamkeiten zu finden».

Gerade ein zivilisiertes Land wie Deutschland müsse «alles nur Menschenmögliche» versuchen, den Krieg in der Ukraine zu beenden. Wolfgang Streeck: «Es geht hier nicht um Computerspiele, sondern um das Töten und Sterben wirklicher Menschen.»

Auch von den Befürchtungen, ein Verhandlungsresultat ermutige Russland zu weiteren Feldzügen, hält der Soziologe nichts. Jeder Friedensdeal sei erst mal ein guter: «Er setzt der Schlächterei ein Ende.» Zudem bezweifle er, dass die russische Armee dereinst vor Berlin stehen werde, wenn sie nicht einmal in der Lage sei, Kiew zu erobern.

Deutschland könnte laut Streeck immer stärker in den Krieg verwickelt werden. «Für die USA wäre es ideal, gemeinsam mit Grossbritannien Deutschland als lokalen Kommandeur eines langen Stellungs- und Abnutzungskriegs zu dienstverpflichten.»

Die «Pro-Ukraine-Rhetorik» der deutschen Grünen bereite diesen Schritt vor. Bei diesen klinge es so, als sei es nur logisch, eine Kriegspartei sein zu wollen.