Das mit dieser Staatsbürgerschaft wird ja oft überschätzt. Bundesinnen- und damit auch Verfassungsministerin Nancy Faeser (SPD) zum Beispiel fand an diesem Freitag leider keine Zeit, der Debatte über das neue Staatsbürgerschaftsrecht im Bundestag beizuwohnen. Begründung: Die Trauerfeierlichkeiten für die verstorbene Fussall-Legende Franz Beckenbauer, bei denen sie als in Amtseinheit Sportministerin natürlich nicht fehlen darf.

Ohnehin ist es für gebeutelte Sozialdemokraten natürlich wichtiger, sich im Umfeld populärer Fussballgötter sehen zu lassen als bei drögen Debatten über die durchaus umstrittene Vergabe des deutschen Passes an Migranten nach nicht mehr acht, sondern künftig schon fünf oder gar drei Jahren Aufenthalt im Land. Die Ausländerbehörden in den Kommunen weisen zwar jetzt schon darauf hin, dass die erforderliche Nachweispflicht, man habe in den zurückliegenden zwei Jahren von selbst erarbeitetem Geld gelebt, bei Vorlage eines formlosen Arbeitsvertrages so gut wie nicht überprüfbar ist, aber hey, wer wird denn so kleinlich sein? Aber einmal eingebürgert, erübrigen sich solche Debatten von selbst.

Vor allem vor dem Hintergrund der geheimen «Wannseekonferenz», die unlängst von dem linken Recherche-Kollektiv Correctiv aufgedeckt worden sein soll, bei der es angeblich um die «millionenfache Deportation» von Menschen mit Migrationshintergrund ging. Nun waren weder das Treffen (Einladungen gingen breit gestreut raus) geheim noch die Inhalte neu, weil der am meisten inkriminierte Teilnehmer, der österreichische Rechtsextremist Martin Sellner, aus seiner Meinung nie einen Hehl gemacht und diese sogar schriftlich nachlesbar niedergelegt hat. Und um «Deportationen» ging es auch nicht. Aber wo schon mal ein Strich in der Landschaft steht, malt man sich das restliche Hakenkreuz rasch dazu.

In der Zeitschrift Sezession schrieb Sellner im Dezember über seine Vorstellungen zur «Remigration»: «eine realistische Remigrationspolitik in Europa (könne) weder eine gewaltsame Vertreibung noch eine willkürliche Entrechtung von Bevölkerungsgruppen sein. (…) Ihre primäre Zielgruppe sind jene, die sich über Asylbetrug einen Aufenthaltsstatus erschlichen haben, sowie Nichtstaatsbürger, die eine kulturelle, wirtschaftliche und kriminologische Belastung darstellen.» Sellners Konzept nimmt allerdings auch «nichtassimilierte Eingebürgerte» ins Visier, «die aggressive, rasch wachsende Parallelgesellschaften bilden und sich nicht in ihre Gastländer einfügen können».

Wie er genau mit diesen zu verfahren gedenkt, bleibt einstweilen dunkel, reicht aber allemal aus für eine umfassende Ausschmückung zu «millionenfacher Deportation».

Nun muss man Sellner weder mögen noch seine Thesen teilen, die flächendeckende Übernahme des «Deportations»-Topos zeigt allerdings dreierlei: Die unübersehbare Geneigtheit weiter Teile der Medien, nicht tiefer nachzufragen, wenn es ins rechte Narrativ passt. Man weiss nichts Genaues, aber kann sich’s ja denken.

Zweitens das perfide Hineinmischen von Zitaten der Union (Sozialtourismus, Anti-Abschiebe-Industrie, kleine Paschas) in einem zwar konstruierten aber doch monströsen NS-Kontext mit der Botschaft: Alles Bürgerliche, alles Konservative ist «fruchtbarer Schoss» (Bertold Brecht) aus dem alsbald wieder Braunes kriecht.

Und drittens wird erkennbar, wie sich die ungeprüfte Übernahme der Correctiv-Geschichte für die Union rächt, weil angesichts von «Wannsee 2.0» nur das Einreihen in die Antifa-Front der Stichwortgeber bleibt.

Dass etwa Nancy Faeser im zurückliegenden Herbst den Vorschlag machte, auch Familienangehörige krimineller Clans mit Verfolgung und Abschiebung (was selbstverständlich mit «Remigration» nicht das Geringste zu tun hat …) zu bedrohen, blieb weitgehend unkommentiert. Abgesehen vom früheren Verfassungsschutzpräsidenten Hans-Georg Maassen (CDU), der diese Art der Sippenhaft damals umgehend attackierte.

So ist das Spielen auf der rechten Flanke denn inzwischen zu einem beliebten Sport der mehr und mehr unter Druck stehenden Ampel-Regierung geworden, bei dem man der Versuchung nicht widerstehen kann, auch die Union gleich noch mit ins Naziboot zu setzen und zu erledigen. Das innige Gedenken der Bundesinnenministerin an die Fussball-Legende Beckenbauer hat also durchaus einen gewissen Hintersinn. Wenn auch einen perfiden.

Ralf Schuler ist Politikchef des Nachrichtenportals NIUS und betreibt den Interview-Kanal «Schuler! Fragen, was ist». Sein neues Buch «Generation Gleichschritt. Wie das Mitlaufen zum Volkssport wurde» ist bei Fontis (Basel) erschienen.

Die 3 Top-Kommentare zu "Faesers rechte Flanke: Im Gegensatz zur ominösen «Wannseekonferenz 2.0» wollte Deutschlands Innenministerin im Herbst noch Familienangehörige krimineller Clans abschieben – und das war noch nicht mal ein Geheimplan"
  • piet

    Wir haben nach den letzten Zahlen 300.000 abgelehnte Asylbewerber im Land, viele allerdings mit einer so genannten Duldung, weil sie angeblich krank sind, eine Abschiebung in ihre Herkunftsländer nicht zumutbar sein soll, oder sich diese Länder schlicht weigern, ihre Staatsbürger zurückzunehmen! Warum beschäftigen sich die staatlichen Stellen nicht erst einmal damit, diese Leute außer Landes zu schaffen? Und zukünftig nicht mehr jeden hereinzulassen?Deutschland ist von sicheren Ländern umgeben!

  • burg

    Es kommt eben immer darauf an, wer abschieben will....

  • Karoline

    Wie können Tassen im Schrank sein, wenn nicht mal Tablare drin sind?