Bern
Viola Amherd lässt nicht locker. Die Verteidigungsministerin nutzt jede Gelegenheit, um deutlich zu machen, dass sie das Verbot zur Wiederausfuhr von Kriegsmaterial in die Ukraine für einen Fehler hält. Diese Botschaft verbreitete die Mitte-Magistratin in diesen Tagen wieder nach einer Visite bei der Nato in Brüssel. Deren Funktionäre hätten «in jedem Votum» darauf hingewiesen, dass es nicht verstanden werde, dass die Schweiz indirekte Waffenlieferungen nicht zulasse. Schon bei einem Treffen der Schweizerischen Offiziersgesellschaft Mitte März hat Amherd solche Töne angeschlagen, obwohl der Ständerat und der Nationalrat zuvor entschieden hatten, am Verbot der Weitergabe von Kriegsgerät festzuhalten. Auch der Bundesrat bestätigte noch einen Tag vor Amherds Auftritt bei der Offiziersgesellschaft diese Haltung.
Allmählich regt sich sogar in der Mitte-Partei Widerstand gegen das selbstherrliche Auftreten der Verteidigungsministerin. Die Urner Ständerätin Heidi Z’graggen sagt: «Die rechtliche Ausgangslage und die kürzlich ergangenen demokratischen Entscheide der eidgenössischen Räte sind geradezu ein Steilpass für ein Mitglied der Kollegialbehörde, diese Haltung der Schweiz im Ausland klar zu adressieren.» Und sie gibt ihrer Bundesrätin gleich noch einen Tipp auf den Weg, wie sie die Position der Eidgenossenschaft im Ausland erklären kann: «Ein Aspekt, der wenig Beachtung findet, ist, dass sich die Schweiz als Kleinstaat aufgrund des für sie geltenden Neutralitätsrechts und des Völkerrechts ausdrücklich gegen Krieg und Konflikte einsetzt und Frieden einfordert. Die schweizerische Neutralität liegt damit im Interesse der Staaten Europas und der Welt.»
«Im Fokus des Auslands»
Es ist an der Zeit, der irrlichterndenVerteidigungsministerin das Kollegialitätsprinzip zu erklären.
Z’graggens Kritik birgt Sprengkraft. Die heutige Ständerätin kandidierte 2018 für den Sitz der abtretenden Doris Leuthard im Bundesrat. Als amtierende Regierungsrätin eines kleinen Innerschweizer Kantons zog Z’graggen damals den Kürzeren gegen Amherd. Diese sass seinerzeit schon dreizehn Jahre im Nationalrat und hatte systematisch auf diesen Karriereschritt hingearbeitet. Sie verdankt ihre Wahl den linken Parteien, vor allem der SP, der sie mit ihrer Ukraine-Politik entgegenkommt.
Auf die Kritik angesprochen, verteidigt VBS-Kommunikationschef Renato Kalbermatten das Verhalten seiner Chefin: «Frau Amherd gibt das wieder, was man ihr bei Treffen im Ausland immer wieder sagt. Bei der Nato in Brüssel haben sich übrigens alle Mitglieder so ausgesprochen. Frau Amherd erklärt dann jeweils die Position der Schweiz.»
Z’graggen zeigt sich davon nicht überzeugt: «National- und Ständerat haben die Lockerung des Kriegsmaterialgesetzes abgelehnt. Die eidgenössischen Räte haben sich damit nach intensiver Debatte hinter die völkerrechtlichen und verfassungsrechtlichen Grundlagen sowie hinter das für die Schweiz geltende Neutralitätsrecht gestellt.» Anders formuliert: Das Parlament hat den Bundesrat in seiner Haltung bestätigt, keine Gesuche zur Weitergabe von Waffen zu bewilligen, was das federführende Wirtschaftsdepartement von Bundesrat Guy Parmelin (SVP) entsprechend umsetzt.
Wie man in dieser Sache vorgehen kann, zeigte am Montag auch die neue SP-Bundesrätin Elisabeth Baume-Schneider. Bei der Medienkonferenz zu ihren ersten hundert Tagen im Amt äusserte sich die Justizministerin am Rande auch zur Neutralität. «Seit dem Überfall Russlands auf die Ukraine befinden sich die Schweiz und ihre Neutralität im Fokus des Auslands.» Dabei gelte es, «ein paar Punkte festzuhalten». Baume-Schneider: «Erstens tut die Schweiz viel, um der Ukraine zu helfen. Zweitens ist das für die Schweiz eine langfristige Verpflichtung, sie wird die Phase des Krieges lange überdauern. Und – drittens – nicht jede Form der Hilfe ist mit unserer Rechtsordnung vereinbar.»
Verfassung über den Haufen werfen?
Das Verständnis für die rechtlichen und historischen Schranken dieser Unterstützung sei nicht überall gleich gross. «Gewisse ausländische Diplomaten scheinen sogar recht irritiert zu sein, dass der Bundesrat sein Handeln an den gültigen Gesetzen ausrichtet und Grundsätze unserer Verfassung nicht einfach über den Haufen wirft», so die Sozialdemokratin.
Diese Aussage ist eine Breitseite an die Adresse ihrer Bundesratskollegin Amherd, aber auch an jene der SP-Fraktion, die im Parlament alle Hebel in Bewegung setzt, damit Schweizer Kriegsgerät in der Ukraine zum Einsatz kommt. Es ist an der Zeit, dass Heidi Z’graggen und Elisabeth Baume-Schneider die irrlichternde Viola Amherd zur Seite nehmen, um ihr die Neutralität und das Kollegialitätsprinzip zu erklären.
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Weswegen werden die Kriegstreiber nicht aus der Regierung geschmissen,wegen konträrem, schädigenden Verhaltens gegen die Schweizer Verfassung,besonders was die Neutralitätspflicht angeht? In DE stieß eine 14% s.g. Partei (Grüne) mit ihrem ideologischen Gusto *Wir Gott-Ihr Nichts* ein ganzes Land in den Abgrund. SPD,FDP und die Mehrheit der Bevölkerung klatschen dazu.Will die Schweiz mit,im Artikel beschriebenen Kriegstreibern,freiwillig genauso enden,wie DE? Nicht?Dann müssen sie aus der Regierg
Wieso darf diese Person ein grosses "Z" in Zeiten des Ukraine Krieges im Namen tragen ? 😉