Monatelang klammerten sich die Beschäftigten des Ford-Werks Saarlouis an die letzte Hoffnung, der chinesische Elektroauto-Konzern BYD könnte das Werk übernehmen. Denn Ford will den Standort mit derzeit noch 4500 Beschäftigten 2025 aufgeben. BYD steht übrigens für build yor dreams. Die deutschen Träume jedenfalls ruinierte das Unternehmen aus Shenzhen am Wochenanfang, als es bekanntgab, wo es sein Werk in Europa errichten will: in Ungarn. Und nicht im Land von Carl Benz und Gottfried Daimler.

Robert Habeck pflegt die Welt ungefähr folgendermassen zu erklären: Deutschlands Ökonomie muss sich transformieren – weil das Klima und die EU es so wollen. Dabei werde vieles an alter Struktur kaputtgehen, aber auch Neues zum Ausgleich entstehen. Der Minister nimmt damit geistige Anleihen bei Joseph Schumpeters Begriff der «schöpferischen Zerstörung».

Die Wirklichkeit sieht etwas anders aus. Die traditionelle Industrie Deutschlands zerbricht tatsächlich. Im kleinen Saarland gibt nicht nur Ford auf. Der Getriebehersteller ZF kündigte den Abbau von 6000 Arbeitsplätzen in Saarbrücken an, weil für seine Komponenten nach dem Verbrenner-Verbot kein Bedarf mehr besteht.

Und auch das Neue entsteht: die BYD-Fabrik im ungarischen Szeged. Ford baut, nachdem es seine Verbrenner-Produktion in Saarlouis einstellt, sein Elektroauto künftig im spanischen Valencia. Das bedeutet nicht nur einfach einen Verlust gutbezahlter Jobs. Die Zeit des «Made in Germany» geht zu Ende. Lange galt: Deutsche Produkte kosten etwas mehr als bei der Konkurrenz – bieten aber legendäre Qualität. Gegen höchste Energiepreise und Steuern kommt aber selbst die beste Qualitätsproduktion nicht mehr an. Und Habeck erweckt nicht den Eindruck, diese Grundübel bekämpfen zu wollen.

Der Umbruch reicht allerdings noch tiefer. Im Kern der «Made in Germany»-Industrie stand das Verbrennerauto, die Zulieferindustrie, die Chemie, Kraftwerkstechnik. International hochgeschätzt – allerdings fossil. Auch Industrien sind kulturell gewachsen. Ein Land kann sie nicht beliebig auswechseln.

Deutschlands Wirtschaftsminister wird anders in die Geschichte eingehen, als er es sich wünscht: als Wegbereiter der unschöpferischen Zerstörung.

Die 3 Top-Kommentare zu "Hat «Made in Germany» ausgedient? Wirtschaftsminister Habeck lässt Deutschlands Traditionsindustrie zerbrechen – dem Klima und der EU zuliebe"
  • Markus Mohr

    Übrigens hatte Deutschland auch eine sehr erfolgreiche Kerntechnik-Industrie: vom Bau sicherer Kernkraftwerke bis zur Kreilaufwirtschaft des Kernbrennstoffs waren sie Weltspitze. Waren 😞

  • lichtvoll

    Der bekannte Plan wird umgesetzt und geht auf. Hier kann man nur noch selbst entsprechende Massnahmen ergreifen und vorsorgen.

  • alex lo

    Warum halten die Industrieverbände in DE still? Weil sie durch das in Vorbereitung stehende neue EU-Haussanierungsgesetz (Energie-Autarkismus von einzelnen Privat-Gebäuden) ihnen riesige Umsätze verspricht. Allerdings ist das eine reine Umverteilung von den Privaten zu Firmen mit äußerst zweifelhafter CO2 Bilanz. (Ein Neubau kostet wesentlich mehr an CO2 als die Beheizung eines mit wenig Aufwand verbesserten Altbaus.) International bedeutet das Abkoppelung von der Entwicklung der Welt.