Ist das der Auftakt zu einer neuen Netflix-Serie? Auf jeden Fall ist es: Ganz, ganz grosses Kino.

Die «ziemlich besten Freunde» Sean Penn und Wolodymyr Selenskyj veranstalteten ziemlich viel Hollywood, mitten in der kriegsgebeutelten Ukraine. Beide sind Schauspieler. Die grosse Inszenierung, Pathos inklusive, liegt ihnen also im Blut.

Kiew am Dienstag. Man sitzt am feudalen Repräsentantentisch. Aus einem unscheinbaren schwarzen Rucksack zieht der hypermuskelbepackte Penn plötzlich eine Goldstatue – einer seiner beiden Oscars, den einen gewann er 2004 für «Mystic River», den anderen 2009 für «Milk».

Mit den Worten «es ist eine symbolische, dumme Geste» überreicht er sie dem ukrainischen Präsidenten.

Inklusive politischem Appell: «Wenn ihr gewinnt, bringst du sie zurück nach Malibu.»

Und legt drehbuchreif nach: «Wenn ich weiss, dass sie hier bei dir ist, dann fühle ich mich besser und stärker.» Denn die Oscar-Statue sei «ein Teil von mir». Hätte Penn auch noch schluchzenden Soundtrack mit im Gepäck, man würde sich nicht wundern.

Doch der Moment, an dem man zu den Taschentüchern greifen muss, kommt erst noch: Der US-Star steht später – Selenskyj hat ihm zwischendurch den Verdienstorden verliehen – ergriffen vor der Bodenplatte, die ihm auf der sogenannten «Allee des Mutes» gewidmet ist. Und zitiert wieder aus seinem Drehbuch: «Es gibt drei Orte auf der Welt, wo mein Stolz liegt: Der Ort, an dem meine Tochter geboren wurde, der Ort, an dem mein Sohn geboren wurde – und dieser hier.»

Keine Frage: Ukraine kann Propaganda. Egal, wie peinlich sie ist.

Allein: Hat Selenskyj denn nicht längst den Oscar verdient? Spielt er nicht endlich die Rolle seines Lebens? Die Rolle des, laut Drehbuch, lupenreinen Demokraten.

Unfair, ihn der Inszenierung zu verdächtigen? Dazu sollte man wissen, dass sich bei Selenskyj Realität und Fiktion schon länger vermischen. In der TV-Serie «Diener des Volkes» spielte er einen Geschichtslehrer, der zum Präsidenten gewählt wird und sich gegen Korruption engagiert. Der Kampf gegen Korruption war dann, in seiner echten Wahlkampagne, tatsächlich ein zentrales Thema.

Nur: Selenskyj wich von seinem Drehbuch selbst ab. Die «Pandora Papers» deckten auf, dass er zu den 38 ukrainischen Politikern gehört, die ihr Geld auf Offshore-Konten bunkerten. Doppelt so viele übrigens wie das Land auf dem zweiten Platz: Russland.