Mit Wörtern lässt sich lügen; wir glauben, was wir mit eigenen Augen sehen. Darauf weist schon die Bibel hin. Die Künstler der Renaissance erfanden die Zentralperspektive und verliehen den biblischen Geschichten eine visuelle Realität. Die Realitätssuggestion damals ist heute kaum mehr nachzuvollziehen. Jüngst verbreitete sich ein Bild viral, das den Pontifex in modischer Daunenjacke zeigt. Das Bild hat keinen Wahrheitsgehalt, es wurde mit Hilfe künstlicher Intelligenz geschaffen. Auch Bildgeübte fielen tausendfach darauf rein. Nicht die handwerklich fast schon einwandfreie Machart schafft den suggerierten Wahrheitsgehalt, sondern der dokumentarische Wert der Abbildung; das «Es könnte ja sein» verleiht dem Bild die Aura der Hyperauthentizität. Der Umgang mit Bildern muss neu erlernt werden. Vielleicht stehen wir am Anfang einer neuen Renaissance, am Übergang zu einer neuen Moderne. Dass wieder ein kirchliches Motiv am Anfang einer Entwicklung steht, scheint fast schon prophetisch.