«Glaubst du, dass dein Leben bereits geschrieben steht und irgendwo ein Weiser für dein Tun die Konsequenzen trägt?»

Sabrina Setlurs Single «Freisein», auf der Xavier Naidoo erstmals einem grösseren Publikum bekannt wurde, hatte mich damals umgehauen. Was für eine Stimme! Ich glaubte ihm jedes Wort.

Im Verlauf seiner Karriere wurden Naidoos Worte unerträglich, seine Ansichten indiskutabel. Ich fragte mich, ob ich ihm immer noch jedes Wort glauben kann, denn das war nicht der Xavier, mit dem ich einst zusammengearbeitet hatte und der das von mir vertonte Gedicht «Spätnachmittag» der jüdischen Lyrikerin Selma Meerbaum-Eisinger, die 18-jährig im Nazi-Arbeitslager Michailowka am Fleckfieber starb, auf berückende Weise gesungen hatte.

Der neue Xavier bediente sich übelster antijüdischer Klischees, leugnete den Holocaust als «gelungene historische Fiktion», bezeichnete «Lügen, Hochverrat, Bestechung und Erpressung» als «Art und Lebensweise der Juden», weswegen er per Gerichtsbeschluss zu Recht als Antisemit bezeichnet werden darf.

Nun hat nicht «irgendwo ein Weiser», sondern Naidoo selbst für sein «Tun die Konsequenzen» getragen und sich von gewissen Äusserungen losgesagt.

 

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Ob ich ihm das abnehme, oder ob Xavier nach Jahren im Dämmerschatten der Verschwörungstheorien und des Judenhasses nach etwas medialem Sonnenschein lechzt, kann ich noch nicht sagen.

Immerhin hat er eigene Fehler erkannt, benannt und – zumindest teilweise – reflektiert. Das ist mehr, als man von manch vermeintlicher Geistesgrösse sagen kann.