«Le Pen attackiert Deutschland», schrieb der Spiegel vor ein paar Tagen.
In Frankreich nimmt dies normalerweise kein Mensch zur Kenntnis. Weil aber Marine Le Pens Etikett als Neofaschistin fragwürdig geworden ist, erklärt man sie zur Deutschlandfeindin. Mit der das Ende der EU einherkäme, wenn sie zur Präsidentin Frankreichs gewählt würde.
Wie aber steht die Politikerin zur Bundesrepublik?

Fakt ist, zu Deutschland unterhält Marine Le Pen kein besonderes Verhältnis. Auch nicht zur AfD, obwohl sie Merkels Flüchtlingspolitik kritisierte.
Mit der nostalgischen Deutschtümelei ihres Vaters, der einst Schallplatten mit Nazi-Gesängen verkaufte, hat sie gebrochen. Mehr noch: Wegen seiner Provokationen mit der Auschwitz-Lüge warf sie ihn aus der Partei.

Was also hat sie gesagt, um als «deutschlandfeindlich» zu gelten?

Dass sie die gemeinsamen Rüstungsprogramme abbrechen werde, weil Deutschland amerikanische Flugzeuge kauft. Dass Deutschland mit seiner Energiewende den Atomausstieg forciere, auch denjenigen der Franzosen. Dass Paris auf die force de frappe setzt, auf die nukleare Abschreckung durch Atomwaffen, während Deutschland auf den Schutz durch die Nato vertraut – zwei unvereinbare Konzepte gemäss Marine Le Pen.
Im Grunde ist es nicht falsch, was die Französin sagt, sondern nur leicht dogmatisch. Trotzdem beschwören Berlin und Paris ihre Belebung der historischen «Deutschfeindlichkeit» – die weitgehend überwunden ist.

Vielmehr geht es Macrons Rivalin um die Stimmen der Nato-Gegner, nur sie können ihr zur Mehrheit verhelfen.
Statt auf Deutschland-Feindlichkeit setzt sie auf den französischen Anti-Amerikanismus, der einst Charles de Gaulle beseelte, als er Frankreich auf den «dritten Weg» durch die Blöcke führte und die force de frappe aufbaute. Der ihn aber nicht daran hinderte, gleichzeitig die Aussöhnung mit dem Erzfeind voranzutreiben.

Die Strategie des Anti-Amerikanismus funktioniert links und rechts sehr viel besser als das anti-deutsche Ressentiment. Ob es damit zum Sieg reicht, ist ungewiss.