Wer Wladimir Putin schon immer für einen opportunistischen Strategen gehalten hat, darf sich seit dem Februar bestätigt fühlen.

Den russischen Präsidenten treibt keine Vision, sondern die Vorstellung von Krieg als Kunst des Möglichen. Seine Ziele können sich tagtäglich ändern; das macht es dem Gegner, aber auch möglichen Vermittlern so schwer.

Putin geht es nur darum, mit einem schlechten Blatt so gut wie möglich zu spielen.

Zwei russische Schwachpunkte liegen zutage: die operative Führung an der Front und der mangelnde Nachschub an Waffen und Munition. Vor allem die Wunderwaffen haben sich als potemkinsche Dörfer entpuppt.

Es ist das ewige Dilemma: Vetternwirtschaft, Schlendrian und Korruption.

Jetzt hat der Präsident reagiert: Den Verantwortlichen für die Rüstungsindustrie, Juri Borisow, hat er durch den bewährten Industrie- und Handelsminister Denis Manturow ersetzt.

Der erhielt zugleich den prestigeträchtigen Rang eines stellvertretenden Premierministers.

Juri Borisow fällt nicht aus der Gnade, sondern folgt dem populistischen Haudrauf Dmitri Rogosin als Chef der Weltraumagentur Roskosmos nach.

An der ostukrainischen Front tritt derweil die dritte Kommandogeneration seit Kriegsbeginn die Führung an: Am prominentesten ist Generaloberst Alexander Lapin, nicht zuletzt dadurch, dass er seinem Sohn, Oberstleutnant der Panzertruppe, zu Kriegsbeginn eigenhändig einen Orden verlieh.

Auch andere Generäle – Rustam Muradow, Sergei Surowikin – drängen in den Vordergrund.

Dem Vernehmen nach unterdrückt der Präsident jede Aufwertung der Rolle des Militärs – alles potenzielle Volkstribune und Putschisten.

Offensichtlich sucht Putin einen Kompromiss: Er kann nicht riskieren, dass seine Armee ausblutet.

Ebenso wenig wird er seine Macht riskieren. Also hofft er, dass der Westen die Lust verliert, die Ukraine bis zum Tod des letzten Ukrainers mit Waffen und Munition zu versorgen.

Gleichzeitig ist er willens, den Krieg ad infinitum fortzuführen.

In diesem Kontext wird der Konflikt sich entscheiden.