Die Äusserung des russischen Aussenministers, wonach Russland auf einen Regimewechsel in der Ukraine hinarbeite, zugleich aber vorbehaltlos zu Verhandlungen mit der Ukraine bereit sei, ist nur auf den ersten Blick «schizophren» – wie der Kiewer Präsidenten-Berater Mychailo Podoljak meinte.

Im mittlerweile siebten Kriegsmonat ist die Gesamtsituation zunehmend verworren: Beide Seiten sind militärisch angeschlagen, aber noch nicht angezählt. Wie Boxer retten sie sich in die Ringecke, hoffend, dass die nächste Runde neue Vorteile bringt.

Gleichzeitig laufen Gespräche in Hinterzimmern: zwischen Russland und den USA, zwischen Moskau und Kiew.

Das Publikum vor dem geschlossenen Vorhang unterhält man mit Kriegs-PR und Maximalzielen.

Nacht für Nacht fordert Wolodymyr Selenskyj westliche Waffen zur Rückeroberung des letzten Quadratzentimeters ukrainischen Bodens; Sergei Lawrow spricht derweil vom Regimewechsel im attackierten Nachbarland.

Der Anlass für Lawrows Auftritt war seine Reise durch vier afrikanische Länder, Ägypten, Äthiopien, Uganda und Kongo. Russland setzt darauf, dass es nur im Westen isoliert ist und dieser Westen nicht mehr die Welt beherrscht. Doch so, wie der Westen nur eine siegreiche Ukraine sehen will, hat auch der Nicht-Westen keinen Bedarf an Verlierern.

Keine Zeit für Kompromisse. Der lähmende und erlahmende Krieg auf der einen Seite, der wortmächtige geopolitische Showdown auf der anderen – die Lage könnte verfahrener kaum sein.

Auch im 21. Jahrhundert werden noch klassische Stücke aufgeführt: Wo die Politiker mit ihrer Kunst versagen, entscheidet das Handwerk der Militärs.

Die Kämpfer müssen wieder in den Ring.