Die gute Nachricht vorweg: Die Inflationsrate in Argentinien ist nach einem kurzen Peak Ende Jahr stetig am Sinken. Die Regierung von Javier Milei hat es in bloss drei Monaten geschafft, ein gigantisches Haushalts- und Aussenhandelsdefizit in einen Überschuss zu verwandeln.

Die schlechte Nachricht: Die drastischen Sparmassnahmen haben die Rezession verschärft. Die Armutsquote ist von 45 Prozent auf 57 Prozent gestiegen. Die angekündigten Steuersenkungen bleiben ein Versprechen. Der erhoffte Ansturm ausländischer Investoren lässt auf sich warten.

Trotzdem bleibt Javier Milei ein Hoffnungsträger. Der libertäre Wirtschaftsprofessor kann sich anrechnen lassen, dass es genau so kam, wie er prognostiziert hatte: Bevor es aufwärts geht, muss Argentinien erst ein Tal des Elends durchqueren. Und keiner kann bestreiten: Die katastrophale Wirtschaftslage ist ein Erbe von Jahrzehnten sozialistischer Misswirtschaft.

Was Argentinien durchexerziert, ist nicht neu. Chile und Peru haben die liberale Rosskur in den 1990er Jahren hinter sich gebracht. Der Erfolg übertraf damals alle Erwartungen. Die entfesselte Wirtschaft senkte die Armutsquote in Peru von über 50 auf unter 20 Prozent; die Chilenen erreichten einen Lebensstandard, der sich mit europäischen Ländern vergleichen lässt.

Der Unterschied: In Chile und Peru wurde die Liberalisierung von Diktatoren durchgesetzt. Dem demokratisch gewählten Javier Milei gelang es hingegen, eine komfortable Mehrheit der Argentinier aus allen Schichten von seinen libertären Ideen zu überzeugen. Das ist einzigartig.

Die Frage bleibt: Schafft es Milei, tiefgreifende Reformen durchzusetzen? Die Machtverhältnisse sprechen dagegen. Im Parlament verfügt das alte linkspopulistische Establishment über eine satte Mehrheit. Mileis einziger Trumpf ist seine Beliebtheit beim Volk.

Ein erstes radikales Reformpaket, die «Lei Omnibus», wurde vom Parlament derart verwässert, dass Milei es zurückgezogen hat. Die Rhetorik zwischen Regierung und Opposition hat sich verschärft. Doch hinter den Kulissen wird um Kompromisse gerungen. Noch ist alles offen.

Nur eines ist allen klar: Im alten Stil kann es nicht weitergehen. Argentinien, einst das reichste Land der Welt, ist bankrott, liegt wirtschaftlich und moralisch am Boden. Die durch und durch korrupte «politische Kaste» hat jede Glaubwürdigkeit verloren.

Noch besteht Hoffnung, dass Javier Milei das vermeintlich Unmögliche schafft. Alle Augen in Lateinamerika sind derzeit auf Argentinien gerichtet. Wenn Milei den Turnaround schafft, wäre es ein Wendepunkt für den ganzen Kontinent.

Die 3 Top-Kommentare zu "Superstar Milei? Die ersten hundert Tage der neuen Regierung Agentiniens waren gezeichnet von Chaos und Krise. Javier Milei bleibt trotzdem ein Hoffnungsträger"
  • Marwin Darx

    Der grösste Fehler von ihm war es, den Dollar als Leitwährung in Argentinien zu deklarieren. Lieber hätte Argentinien sich den BRICS anschliessen sollen und an der gemeinsamen Goldwährung arbeiten. Sich an den Dollar zu ketten heisst offenen Auges in den Untergang zu gehen.

  • UKSchweizer

    Es braucht ein klares Reformpacket. Ohne ein solches liegt die Verantwortung nicht bei Javier Milei und seiner Regierung sondern beim Parlament, welches so was ablehnt. Dass wirkliche Reformen vorerst Opfer kosten, viele Opfer, ist total klar. Jetzt schon Investoren von aussen zu erwarten ist total verfrüht.

  • Stefan Christen

    Absolut einverstanden. Einen Goldstandard einführen um zu verhindern, das weiter Schulden gemacht werden und um die Inflation auf Null zu bringen. Dazu mit allen Mitteln Importe verhindern und gleichzeitig im eigenen Land diese Produkte und Dienstleistungen herstellen (lassen). Darauf gründet sich dann die einsetzende wirtschaftliche Erholung. Im Notfall Dollarschulden nicht mehr bewirtschaften.