Gekauft wie gesehen: Was bei windigen Autohändlern seit langem gern als raffinierter Haftungsausschluss in Verträge geschrieben wird, ist in der in der Politik ein reguläres Geschäftsmodell.

Denn was man vor der Wahl wirklich gesehen hat, ist später nicht mehr so ganz klar.

Wir brauchen beim Klimaschutz eher mehr Markt als weniger, lautet etwa so ein Lieblingssatz von CDU-Oppositionsführer Friedrich Merz (66). Klingt gut und irgendwie anti zum Grünen-Verbotsfuror mit Windrädern im Haustür-Geschäft.

Es ist die hohe Kunst der gezielten Anscheins-Erweckung, ohne hinterher für arglistige Täuschung belangbar zu sein.

Denn was man am Ende kauft, weiss man erst hinterher: Teure CO2-Bepreisung oder Tempolimit für einen Koalitionspartner? Gender-Stern oder Menstruations-Urlaub, Gleichberechtigung oder Quoten und Zwangs-Parität?

«Festlegen geht gar nicht», wirbt ein deutscher Mobilfunk-Anbieter, und meint trotzdem nicht Friedrich Merz.

Was wählt man, wenn man wählt?

Man weiss es nicht.

Spätestens in der Ära Merkel hat sich in Deutschland vor allem im machtfixierten bürgerlichen Lager ein Politikstil virulent verbreitet, der nach Stimmungen tastet und Überzeugungen für lästigen Ballast, jedenfalls jederzeit für veräusserbar hält: «Multikulti ist gescheitert» (Merkel, 2010). «Wir schaffen das!» (Merkel, 2015).

«Klare Kante» zeigen Politiker hier gern in Sonntagsreden, der Wähler gibt sich hinterher die Kante, weil er vorher nicht gesehen hat, was er nach dem Kauf bekommt.

Ralf Schuler ist Politikchef des Nachrichtenportals NIUS und betreibt den Interview-Kanal «Schuler! Fragen, was ist». Sein neues Buch «Generation Gleichschritt. Wie das Mitlaufen zum Volkssport wurde» ist bei Fontis (Basel) erschienen.