Es ist ein Sinneswandel der besonderen Art: Bis vor kurzem noch hatte die Europäische Union (EU) und vor allem die deutsche Kommissions-Präsidentin Ursula von der Leyen Nigeria, aber auch einige andere afrikanische Staaten, dazu gedrängt, sich doch bitte endlich von der Förderung fossiler Brennstoffe abzuwenden und ganz auf grüne Energie zu setzen.

So wie vor allem Deutschland dies versucht.

Für Südafrika wurde sogar gerade erst von Deutschland, Frankreich, Grossbritannien und den USA ein milliardenschweres Anreizprogramm aufgelegt, das dem Land am Kap den Übergang zu den Erneuerbaren ebnen und es dazu ermuntern soll, mit dem Verbrennen von umweltschädlicher Kohle aufzuhören.

Alles Schall und Rauch, wie es scheint: Seit Wladimir Putin seinen Soldaten den Marschbefehl in die Ukraine gab und Russland als verlässlicher Energielieferant ausfällt, hat sich die Einstellung in den europäischen Regierungszentralen grundlegend gewandelt.

Plötzlich gilt auch das politisch sehr unruhige Nigeria in Brüssel als Hoffnungsträger mit seiner seit Jahren geplanten (aber nie konkret umgesetzten) Trans-Sahara-Pipeline – eine mehr als 4000 Kilometer lange Röhre, durch die Gas aus dem Nigerdelta bis nach Algerien strömen soll. Von dort könnte der begehrte Rohstoff, womöglich 30 Milliarden Kubikmeter Gas, dann über ein bestehendes Netz an Pipelines ohne grossen Aufwand durch das Mittelmeer nach Europa transportiert werden.

Mehr Erdgas aus Afrika, speziell aus Nigeria?

Die seit langem schlechte Sicherheitslage bremst viele Projekte, darunter das Desertec-Vorhaben, das Europa mit sauberer Energie aus den Wüsten Nordafrikas versorgen sollte.

Moçambique liefert eine gute Fallstudie dafür: Zwar liegt es gleich hinter Nigeria, Algerien und dem Senegal an vierter Stelle in puncto Erdgasvorkommen in Afrika. Allerdings befindet sich sein riesiges Projekt in der Nordprovinz Cabo Delgado in einer hart umkämpften Region.

Vor über einem Jahr stellte der Konzern Total deshalb die Arbeit an dem Onshore-Projekt wegen fortgesetzter Terrorgefahr durch islamistische Terroristen ein. Statt 2024 rechnet der französische Konzern jetzt frühstens ab 2026 mit der Aufnahme der Förderung – wenn überhaupt.

Was zeigt: Massive Gasimporte aus Afrika bleiben Zukunftsmusik.

Nach den Erfahrungen der Vergangenheit ist es selbst mittelfristig eher unwahrscheinlich, dass Europa seine Nachbarn im Süden als nächste Tankstelle anzapfen wird.