Vier Explosionen haben vier deutsch-russische Gasröhren mit einer Gesamtkapazität von jährlich 110 Milliarden Kubikmetern zerstört. Angesichts von 180 Milliarden Kubikmetern, die 2021, vor dem Ukraine-Krieg, aus Russland in die EU flossen, werden die Grössenordnungen greifbar. Teile der deutschen Industrie werden diesen Schlag nicht überleben.

Unabhängig von der Suche nach den Schuldigen ist offensichtlich, dass jedenfalls die USA zu den Gewinnern zählen. Da sind zum einen die amerikanischen Fracking-Gas-Exporteure. Vor dem Krieg haben die niedrigen Kosten des russischen Pipeline-Gases ihnen die Rechnung vermasselt. Das ist Vergangenheit.

Angesichts von Zehntausenden Milliarden Kubikmetern Fracking-Gas-Reserven können die USA die gesamte EU dauerhaft mit dem Brennstoff versorgen.

Ein weiterer Aspekt: Allen Lippenbekenntnissen zum Trotz lebt in der angelsächsischen Welt ein tiefes, Deutschland-kritisches Misstrauen fort. Ist die deutsche Gesellschaft wirklich so westlich, so demokratisch, allen östlich-autoritären Versuchungen abhold?

Die Sanktions-Skepsis in vielen Umfragen, die Zurückhaltung des deutschen Bundeskanzlers bei der Ausstattung ukrainischer Panzerarmeen – eins kommt zum anderen.

Zbigniew Brzeziński, brillanter Doyen der US-Geopolitik, hat die amerikanischen Interessen anschaulich dargelegt: Eurasien, schrieb er 1997, sei «das Schachbrett, auf dem der Kampf um globale Vorherrschaft auch in Zukunft ausgetragen wird». Dabei lässt er keinen Zweifel am Willen der USA, «die einzige Weltmacht» und, wenn nötig, auch die «letzte Weltmacht» zu sein.

Wie störend jede Art deutsch-russischer Entente vor diesem Hintergrund wirken muss, hat einige Jahre später sein Kollege George Friedman formuliert. In Abwandlung eines geflügelten Wortes könnte man sagen: Nur eine zerstörte deutsch-russische Gaspipeline ist eine gute deutsch-russische Gaspipeline.