Marcel Crok und Andy May (Hrsg.): The Frozen Climate Views of the IPCC. An Analysis of AR6. Clintel.org., 182 S., ab Fr. 30.–
Der Uno-Weltklimarat, Intergovernmental Panel on Climate Change (IPCC), verkörpert in der Klimadebatte meist «die Wissenschaft». Was in den Berichten des IPCC steht, gilt für einen Grossteil der Bevölkerung, der Politiker und erst recht für Klimaaktivisten als gesicherte Tatsachen, ja als Wahrheit. Wie kommen diese Berichte zustande, was steht drin, wie ist der Tonfall, welche Informationen werden weggelassen, welche Wissenschaftler berücksichtigt, welche nicht?
Kürzlich wurde die Publikation der sechsten Serie der IPCC-Klimaberichte abgeschlossen. Die niederländische Stiftung Clintel hat diese Berichte kritisch unter die Lupe genommen – dies in Zusammenarbeit von Wissenschaftlern, die grossenteils auch hinter der Clintel-Klimadeklaration stehen, deren Titel lautet: «There is no climate emergency.»
Das Buch ist eine Sammlung von kritischen Einschätzungen der IPCC-Arbeiten und Arbeitsweisen, die von Laien sicher nicht in aller Tiefe erfasst werden können, die aber doch klar darauf hindeuten, dass «die Wissenschaft» nicht jene allwissende, unangreifbare, gepanzerte Autorität sein kann, wie sie in Klimadebatten und Politik oft verwendet wird. Die Autoren bringen zahlreiche Vorgänge in der Natur zur Sprache, die durch die IPCC-Modelle nicht erklärbar sind, und sie bieten den Lesern eine Fülle von Literaturhinweisen, die zum Knacken des IPCC-Regimes dienen können.
Frank Uekötter: Atomare Demokratie.Eine Geschichte der Kernenergie in Deutschland. Franz-Steiner-Verlag, Stuttgart 2022. 380 S., Fr. 44.90
Am 15. April 2023 wurden in Deutschland die letzten drei Kernkraftwerke vom Netz genommen. Frank Uekötter, der in Birmingham lehrende Umwelthistoriker, zeichnet die Geschichte der Kernkraft in der Bundesrepublik nach, deren Ende er einleitend freudig begrüsst.
Uekötters Buch stützt sich auf archivarische Quellen, die ausser ihm sicher niemand kennt; ein Seitenblick fällt auch auf die DDR. Wie schon im Vorläuferbuch über den «Deutschen Kanal» von 2020 singt Uekötter ein Hohelied auf die bundesrepublikanische «Verhandlungsdemokratie», in der Techniker und Manager, Politiker und Gerichte, Medien und Aktivisten immer wieder an Verhandlungstischen sitzen. Parlamente hingegen kommen nicht vor, aber an vielen anderen Stellen werden «couragierte Entscheidungen», manchmal richtige, manchmal falsche, getroffen. Zutreffend ist sicher Uekötters abschliessender Befund: Der Ausstieg aus der Kernkraft ist «fester Teil der Identität» der jüngeren Generation in Deutschland, und «über Identitäten kann man nicht verhandeln».
Uekötters mikroskopischer Blick löst die grossen Linien in ein hochinformatives, aber auch desillusionierendes Wimmelbild auf. Denn die Frage aller Fragen bleibt unbeantwortet: Wie kann eine der wichtigsten Industrienationen künftig ihren unersättlichen Energiebedarf stillen?
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