Frauen sind viel wählerischer, auch kompromissloser als Männer, was äussere Merkmale beim künftigen Partner angeht. Zu diesem Schluss kommt man jedenfalls gemäss einer Studie, in der Wissenschaftler aus den Niederlanden und den USA den bevorzugten Körpergrössenunterschied beim potenziellen Partner erforscht haben: «Bei Frauen wurde ein engerer bevorzugter Grössenbereich festgestellt als bei Männern, und sie wählen auch eher keine Männer, die aus diesem Bereich fallen.» An der Studie «The height of choosiness» aus dem Jahr 2012 haben 5782 Personen an Speed-Dates teilgenommen, es wurden fast 130 000 Entscheide untersucht.

Es ist kein Geheimnis: Viele Frauen wünschen sich einen Mann, der grösser ist als sie selbst. In der Schweiz sind Männer laut Wikipedia durchschnittlich 178,7 Zentimeter gross, Frauen 164,3 Zentimeter. Ich messe 173 Zentimeter und ja, habe immer Männer gedatet, die etwa fünf bis zehn Zentimeter grösser sind. Das war kein bewusster Entscheid, es hat sich so ergeben. Aber ich werde nicht lügen: Trägt man Highheels, fühlt es sich besser an, wenn man den Partner nicht um einen Kopf überragt. Hohe Schuhe sind aber im Leben unwichtig, darum kommt es auf die wenigen Zentimeter nicht an. Ich hatte angenommen, die meisten Frauen sähen das genauso. Ich lag falsch.

Die Studie hat herausgefunden, dass es bei den Damen am ehesten eine Ja-Antwort zu einem Date gab, wenn der Mann 25 Zentimeter grösser als sie selbst war – unabhängig von der eigenen Grösse. 25 Zentimeter! Das meiste Interesse darf sich ein Mann also erhoffen, wenn er die Frau um etwa eine volle Kopflänge überragt. Das sind ziemlich hohe Erwartungen. Bei den Männern war eine positive Antwort am wahrscheinlichsten, wenn die Frauen sieben Zentimeter kleiner waren. Die meisten Matches insgesamt ergaben sich bei einem durchschnittlichen Grössenunterschied von neunzehn Zentimetern. Mit anderen Worten: Die bevorzugte Grössendifferenz der Damen hat sich durchgesetzt; Männer haben zwar ihre Vorlieben, sind aber trotzdem auf die Frauen eingegangen, wenn sonst alles passte.

Weiter stellten die Forscher fest: Je kleiner ein Mann ist, desto exponentiell mehr Konkurrenten hat er pro Frau, die bereit ist, in diesem Grössenbereich zu daten. Als durchschnittlich grosser Mann (zum Beispiel 180 Zentimeter) hat man einen Konkurrenten, mit 170 Zentimeter sind es schon drei; ist er 160 Zentimeter gross, konkurriert er mit zwölf anderen Männern. Das heisst nicht, dass Frauen keine kleineren Männer daten. Die Bereitschaft ist schon da, nur liegt ihre Präferenz trotzdem bei grösseren Männern – wenn also die betreffende Frau in der Kennenlernphase auf einen grossen Kerl trifft, dann, na ja, schwimmt schon wieder ein Ladyfisch weniger im Dating-Pool der kleineren Männer. Und was die grundsätzliche Kompromissbereitschaft angeht: «Bei Frauen liegt die Wahrscheinlichkeit, dass sie ja sagen zu einem ihnen vorgestellten Mann, der 2,5 Zentimeter ausserhalb ihres bevorzugten Bereichs ist, bei 24,8 Prozent.» Bei den Männern bei 40 Prozent.

Wie wertvoll uns Grösse erscheint, hängt natürlich vom individuellen Geschmack ab. Aber Frauen sind offenbar viel stärker auf ihr selbstgemachtes männliches Ideal fixiert als umgekehrt die Männer, auch weichen sie viel weniger von ihren Idealvorstellungen ab. Männer sind einiges flexibler, auch weniger wählerisch. Dass Frauen so viel Wert auf Körpergrösse legen, ist wohl ein evolutionsbiologisches Überbleibsel. Grösse bedeutete lange Zeit mehr Sicherheit, mehr Schutz für sich und den Nachwuchs. Ein grossgewachsener Mann konnte sich gegen Gefahr besser durchsetzen. Das ist nicht gut oder schlecht, das ist einfach so. Ein Mann von stattlicher Statur erhöht aber auch die Chance, dass die eigenen Kinder eher grösser geraten.

Was bei den Frauen die Chancen beim Dating erhöht, attraktiv zu sein, ist also bei den Männern, gross zu sein. Bemerkenswert ist das vor allem angesichts der breit geführten Debatte über Schönheitsdruck, dem Frauen ausgesetzt sind. Ja, ein gewisser Druck existiert. Aber auch bei Männern, nur ist es da eben der Körpergrössendruck. Dem männlichen Grössenideal entsprechen zu müssen, ist in der Gesellschaft aber kaum ein Thema. Dabei gibt es etliche Männer, die unter abweichenden Massen leiden, wie Kommentare unter meinem aktuellen Video «So hart ist der Dating-Markt für Männer» zeigen. Wir sagen zwar leichthin: «Frauen wollen grosse Männer», aber was das tatsächlich für manche bedeutet, ist uns wohl nicht wirklich bewusst. Kommt hinzu: Im Gegensatz zu den Frauen, die ihren Look mit Make-up optimieren können (und es gewöhnlich tun), ist es Männern unmöglich, etwas an dem für die weibliche Spezies so wichtigen Merkmal zu ändern. Durch eine aufrechte Haltung lassen sich zwar ein, zwei Zentimeter herausholen, und man kann Schuhe mit – kleinem –Absatz tragen. Aber 25 Zentimeter?

Das Gute zum Schluss: Die Grösse spielt vor allem in der Kennenlernphase eine Rolle – und nicht vergessen: für manche Frauen, für andere auch wieder nicht. Und ist man erst einmal zusammen, sind für das Beziehungsglück sowieso ganz andere Faktoren relevant, etwa gleiche Werte oder Humor.