Am Sonntagabend haben die Parteiführer im Senat nach monatelangen Verhandlungen hinter verschlossenen Türen endlich ein 370 Seiten umfassendes Abkommen im Umfang von 20,23 Milliarden Dollar zur Grenzsicherung vorgestellt. Der Mehrheitsführer der Demokraten, Chuck Schumer, schwärmte von seinem republikanischen Kollegen, Mitch McConnell. Er habe «noch nie so eng mit McConnell an einem Gesetz zusammengearbeitet wie bei diesem». Der Republikaner aus Kentucky wiederum forderte seine zerstrittene Fraktion zum sofortigen Handeln auf: «Amerikas Souveränität wird auf die Probe gestellt, und unsere Glaubwürdigkeit wird von erstarkten Gegnern in der ganzen Welt einem Test unterzogen.»

Die Reaktion der Republikaner kam prompt. Der Senator von Utah, Mike Lee, verurteilte den Grenzkompromiss als «Verrat» und donnerte in den sozialen Medien: «Wir brauchen eine neue Führung – jetzt.» Der texanische Senator Ted Cruz bezeichnete das Gesetz als «völlige Katastrophe». Je mehr von dem Vertragswerk an die Öffentlichkeit drang, desto lauter wurden die Anschuldigungen seitens der Republikaner, bis sie schliesslich in einer Dringlichkeitssitzung gipfelten, die Berichten zufolge in einem Wortgefecht endete. Am Montagabend sah sich McConnell gezwungen, vom Grenzgesetz abzurücken. Der Vorschlag scheint nun so gut wie tot zu sein.

Die Republikaner wollten eine Lösung für die Migrantenkrise. Die Demokraten wollten sich den Unmut der Öffentlichkeit vom Hals halten. Doch die Wähler sagen in aller Deutlichkeit, dass die Einwanderung das wichtigste Thema für das Land ist. Nur wenige trauen Joe Biden zu, das Problem zu lösen. Ohne die erhoffte politische Rückendeckung durch den Kongress muss der Präsident vielleicht endlich Nägel mit Köpfen machen.