In der Schweiz ist Heizöl immer noch der mit Abstand wichtigste Energieträger zur Wärmeerzeugung – zum Glück, könnte man im Hinblick auf die sich im kommenden Winter abzeichnende Energieversorgungskrise hinzufügen. Schätzungsweise die Hälfte der Bevölkerung profitiert nun davon, noch eine Ölheizung zu haben. Ohne grosses Aufsehen werden die Tanks mit dem Brennstoff befüllt. Nun, im September, sind bereits mehr als die Hälfte der privaten Heizöllager voll, mehr als sonst um diese Jahreszeit. Viele haben trotz Sommerhitze und hohen Preisen frühzeitig ihre Bestellungen platziert. Sie brauchen sich für diesen Winter in Sachen Raumwärme keine Gedanken mehr zu machen und geben durch ihr umsichtiges Handeln den Lieferanten mehr Spielraum für die bevorstehende hektische Zeit.
Hohe Reinheit, hoher Energiegehalt
Während die Angst vor Engpässen bei Strom und Gas zunimmt, funktioniert der Heizölmarkt getreu dem Krisenmotto «Keep calm and carry on». Dies ist einigen vorteilhaften Eigenschaften der flüssigen Energieträger zu verdanken: Heizöl ist wie Benzin und Diesel ein Erdöldestillat, von hoher Reinheit und, vor allem, sehr hohem Energiegehalt. Was nach Lehrbuch der Physik klingt, ist entscheidend für die Robustheit des Versorgungssystems.
Der Jahresverbrauch eines Einfamilienhauses lässt sich im eigenen Keller in einem Tank von wenigen Kubikmetern Volumen lagern, ohne besonderen technischen Aufwand und bei normalen Temperatur- und Druckverhältnissen. Erdölprodukte können deshalb auch sehr einfach transportiert werden, sei es in Leitungen oder per Bahn, Lastwagen oder Schiff. Sie werden weltweit gehandelt, es gibt keine Abhängigkeiten von einzelnen Lieferanten oder Lieferketten. Auf keinen anderen Energieträger treffen diese Attribute in ihrer Gesamtheit zu.
Die Zeit ist noch nicht reif für den Abgesang auf das Erdölzeitalter.
Bei unvoreingenommener Betrachtung ist die Rolle von Heizöl als Garant für die Versorgungssicherheit nach wie vor unübertroffen. Der Bevölkerung wurde dies neulich wieder in Erinnerung gerufen, als der Bund seine Pläne für ein Ölkraftwerk bekanntgab.
Redundante Importrouten
Heizöl dient in der Industrie auch als Ersatz für Erdgas und als zuverlässiges Back-up für flatterhafte Erneuerbare. Vom Bauernhof bis zur Intensivstation wird im ganzen Land Heizöl für die Versorgung der grossen und kleinen Notstromaggregate bereitgestellt. Tatsächlich wird man sich auf die Versorgung mit dem Brennstoff verlassen können.
Sie ist breit abgestützt: über redundante Importrouten auf der Schiene, der Strasse und dem Rhein, über eine Pipeline nach Genf sowie durch die Produktion in der Inlandraffinerie im neuenburgischen Cressier. Sollten Teile dieser Logistik beeinträchtigt sein, ohne dass andere einzuspringen vermögen, kommen die Pflichtlager zum Tragen. Diese liegen – anders als die Gaslager – im Inland dezentral verteilt und können je nach Bedarf durch den Bund freigegeben werden.
Sollte der unwahrscheinliche Fall eintreten, dass der Import von Brennstoffen und Rohöl komplett zum Erliegen kommt, stünden zusätzlich zu den erwähnten privaten Lagern in den Pflichtlagern ausreichende Mengen zur Verfügung, um den Heizölbedarf der Bevölkerung während 4,5 Monaten zu decken.
Die Schweiz ist nicht energieautark, und sie wird es in den kommenden Jahrzehnten auch nicht werden. Wir täten gut daran, den Stellenwert der Erdölprodukte für eine sichere und resiliente Energieversorgung anzuerkennen. Die Zeit ist noch nicht reif für den Abgesang auf das Erdölzeitalter.
Roland Bilang ist Geschäftsführer von Avenergy Suisse, dem Verband der Heizöl- und Treibstoffimporteure der Schweiz.
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Liebe Roland Bilang, damit haben Sie meines Erachtens völlig Recht.
Alleine eine Warnung VOR dem Artikel an eingefleischte Olivgrüne fehlt! Wenn das ein Grüner liest platzt ihm entweder der Kragen oder er bekommt einen Tobsuchtsanfall, wenn jemand derart gegen die heiligen Prämissen verstösst.