Neulich stiess ich auf ein Video des Psychologen Jordan Peterson, in dem er – seinem mehrheitlich männlichen Publikum – den Tipp gibt, sich «ein bisschen in ein Monster zu verwandeln». Keine Angst, es geht nicht um Vollmondrituale; Peterson sagt: «Sei nicht harmlos.» Er argumentiert, dass Harmlosigkeit nicht automatisch mit moralischer Tugend gleichzusetzen ist. «Wenn du harmlos bist, bist du nicht einfach moralisch gut, sondern harmlos. Dann kannst du auch nicht gut sein, denn es braucht Stärke, um gut zu sein.» Mann solle gefährlich sein.
Auf den Einwand des Moderators, dass «gefährlich» doch impliziere, bereit zu sein, Leute zu bedrohen oder zu verletzen, antwortet Peterson: «Nein, du solltest dazu fähig sein, aber das heisst nicht, dass du es benutzen sollst.» Martial-Arts-Lehrer wüssten das. Der Kampfsport lehre die Kunst, gefährlich zu sein, aber gleichzeitig, sie zu kontrollieren. «Die Kombination von Fähigkeit zur Aggression und Fähigkeit zur Kontrolle; das ist die Tugend.» Heute ermutige man viele junge Männer, schwach und harmlos zu sein, das sei problematisch, weil man so den Tragödien des Lebens nicht standhalten und keine Verantwortung tragen könne – und so erst bitter und gefährlich werde.
Das ist eine interessante Perspektive. Ich finde «Monster» und «gefährlich» eine schlechte Wortwahl; Peterson weiss, was er damit meint, aber die Begriffe implizieren etwas Falsches und können leicht missverstanden werden. Ansonsten: on point.
Wenn wir harmlos sind, fehlt uns der Biss oder die Argumente oder beides.
Eine harmlose Persönlichkeit zu besitzen, bedeutet, nett und zahnlos zu sein, aber nicht aus eigener Entscheidung, sondern weil man keine andere Wahl hat. Das kommt einem im Leben nicht unbedingt zugute. Es sind uns nun mal nicht alle Mitmenschen wohlgesinnt, auch der netteste Zeitgenosse achtet auf seine eigenen Vorteile. Und manchmal begegnen wir Situationen, in denen wir uns so gut wie möglich selbst schützen müssen. Entdeckt das Gegenüber unsere Zahnlosigkeit, kann das leicht ausgenützt werden; man wird übergangen, gemobbt und ist nicht in der Lage, sich zu wehren, das gilt im Arbeitsumfeld wie im Privaten. Wir sind also darauf angewiesen, dass die Gegenüber stets anständige Menschen mit den besten Absichten sind – das macht uns aber abhängig vom Wohlwollen und vom Wesen anderer; das Schrecklichste überhaupt.
Das Streben danach, ein gewisses Mass an «Monstrosität» zu entwickeln, heisst ja auch, sich selbst nicht zu vernachlässigen oder ständig den Erwartungen anderer zu entsprechen. Es geht in Petersons Perspektive weniger darum, tatsächlich monströs, brutal oder gemein zu sein oder dass wir uns in Godzilla verwandeln und die Nachbarschaft terrorisieren oder in jedem Streit die Klauen ausfahren. Sondern vielmehr darum, bestimmte Eigenschaften oder Fähigkeiten zu kultivieren, die oft als negativ angesehen werden, aber in bestimmten Situationen sehr nützlich sein können. In Auseinandersetzungen oder Diskussionen beispielsweise kommt dieser innere Monster-Touch gelegen, um nein zu sagen und für sich selbst einzustehen. Wenn wir harmlos sind, fehlt uns der Biss oder die Argumente oder beides.
Auf jeden Fall halte ich es für eine wertvolle Eigenschaft, diese Monsterenergie in sich zu haben, aber zu wissen, sie zu bändigen. Sich einen gewissen Rest von Dominanz, von schlummernder Aggression beizubehalten und sie nur bei Bedarf herauszuholen – wie ein Superschurke mit guten Absichten –, wenn es eine Situation verlangt, um in der Lage zu sein, in zwischenmenschlichen Interaktionen bestehen zu können.
Das Ganze hat auch seine Tücken, besonders für die Herrenwelt. Auf der einen Seite leben wir in einer Gesellschaft, die Männern sagt, sie sollen nett und sanft sein, in der männliche Aggressivität als toxisch gilt und so gut wie möglich unterdrückt werden sollte. Auf der anderen Seite soll er dann aber die Furie rauskramen, in Situationen, in denen sie nützlich ist – da können schon Identitätskrisen auftreten: Bin ich nun flauschiger Teddy oder brüllendes Ungeheuer?
Vielleicht steckt die Weisheit ja irgendwo in der Mitte. Eine gesunde Balance finden zwischen Freundlichkeit, Durchsetzungsvermögen und innerer Monstrosität, um sich selbstbewusst behaupten zu können und ein ausgewogenes Selbstbild zu entwickeln, ohne die eigene Integrität zu verlieren.
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Madame Wernli, auf der Suche nach Ihrem Froschkönig und anderer wundersamen Erzählungen von Verwandlungen, möchte ich Ihnen die kafkaeske Beschreibung nahelegen, und auch den Blick der Medusa, eine Zauberin welche die Herren in Salzsäulen verwandelt. Ich wollte nur sagen, das verwandeln in Ungeheuer, das gibt es auf beiden Geleisen.
Nichts neues unter der Sonne: Wenn die Herren auch nicht gerade in Salzsäulen verwandelt werden, halten sie jedoch in corpore den Atem an, wenn eine Vollbusige den Raum betritt. Und ja, für den Smalltalk im Café ist der Teddybär willkommen, im Bett mit ihr landet dann jedoch der Godzilla. Mars und Venus.
Derjenige, der solches immer und sich selber zu ernst nimmt, muss wirklich um seine „Balance“ fürchten. Dennoch ist anzumerken, dass ein offensichtlich starkes Selbstbewusstsein sowohl als auch anziehend wirkt.
Erwartungen an die Männer?🙄 Soso!😂
Früher konnte eine Frau sich darauf verlassen, dass ein Mann seinen Mann steht wenn es hart auf hart kommt. Heute ziehen sie sich ein Baströckchen und transparente Blusen mit überschminktem Gesicht über und laufen vor der kleinsten Herausforderung davon.
"Die Schöne und das Biest"
Das "Biest" war unter der Haut schön.
War die Schöne unter der Haut..?
Männer sind den Frauen oft sehr ähnlich und Frauen sind oft männlicher, als sie es uns eingestehen. Sucht sich eine männliche Frau einen weiblichen Mann und umgekehrt ? Braucht der weibliche Mann eine männliche Frau u.u.? Was geschieht in der Beziehung, wenn der Mann männlich wird und die Frau weiblich u.u.?
Im Alter wird der Mann weiblich und die Frau männlich - hormonell bedingt.
Je mehr Mann (und Frau) gesagt bekommen, wie sie (eigentlich) sein sollten, desto schlimmer wird es. Dieses ständige Beraten, Optimieren, Erziehen und Analysieren von Verhalten nervt zunehmend. Es verunsichert mehr als das es etwas nützt. Wann hat dieses ständige Psychologisieren und diese geforderte Verhaltens-Optimierung eigentlich angefangen? Genau: Seit Worte wichtiger wurden als Taten; und Schein mehr gilt als Sein.
Genau, und jedes Mal, wenn man uns Ratschläge gibt, wie wir uns verbessern könnten, heisst das implizit, dass wir nicht ok sind, so wie wir sind.
Everybody‘s darling is everybody‘s Depp. Kein Depp zu sein ist aus woker Sicht ungeheuerlich. Bist Du kein Depp, qualifizierst Du Dich also aus woker Sicht als Ungeheuer. Willst Du also kein Depp sein, musst Du aus woker Sicht das Ungeheuer geben; q.e.d..
Der betnau meint jetzt aber nicht den Johnny Depp oder?🙄😂
Nach der Beschreibung wäre dann wohl eher der Begriff "wehrhaft sein" richtiger. Das impliziert natürlich auch, sich seiner Stärken bewusst zu sein und diese dann einzusetzen, wenn es vonnöten ist. Wir müssen ja nicht als Kampfroboter durchs Leben stiefeln um irgendjemandem zu imponieren oder zu zeigen "Finger weg". Konsiliant soweit das möglich, aber halt auch "bissig" wenn nötig!
Der Sanguiniker ist der geniessende, der Choleriker der tätige, der Melancholiker der sehnsüchtige und der Phlegmatiker der leidende Mannsch! Karl Julius Weber
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Je mehr Mann (und Frau) gesagt bekommen, wie sie (eigentlich) sein sollten, desto schlimmer wird es. Dieses ständige Beraten, Optimieren, Erziehen und Analysieren von Verhalten nervt zunehmend. Es verunsichert mehr als das es etwas nützt. Wann hat dieses ständige Psychologisieren und diese geforderte Verhaltens-Optimierung eigentlich angefangen? Genau: Seit Worte wichtiger wurden als Taten; und Schein mehr gilt als Sein.
Genau, und jedes Mal, wenn man uns Ratschläge gibt, wie wir uns verbessern könnten, heisst das implizit, dass wir nicht ok sind, so wie wir sind.
"Die Schöne und das Biest" Das "Biest" war unter der Haut schön. War die Schöne unter der Haut..? Männer sind den Frauen oft sehr ähnlich und Frauen sind oft männlicher, als sie es uns eingestehen. Sucht sich eine männliche Frau einen weiblichen Mann und umgekehrt ? Braucht der weibliche Mann eine männliche Frau u.u.? Was geschieht in der Beziehung, wenn der Mann männlich wird und die Frau weiblich u.u.?