Am diesjährigen Zürcher Sechseläuten wurde der ehemalige Bundesrat und Ehrengast Hans-Rudolf Merz hochgenommen: Er habe ausser seinem Lachanfall während eines Votums vor dem Parlament über das Bündnerfleisch nichts hinterlassen – und diese Rede habe erst noch seine Verwaltung geschrieben. Ansonsten könne sich niemand mehr an den Namen Merz erinnern. Worauf der schlagfertige Appenzeller erwiderte: «Und wer bitte erinnert sich noch an Joseph Deiss?»

Wie um dieses Urteil zu korrigieren, bot die NZZ dem früheren Wirtschafts- und Aussenminister Gelegenheit, seine ziemlich dogmatische Sicht auf die Schweiz und auf Europa zu präsentieren. Joseph Deiss habe sich immer als Internationalist gesehen und weible noch immer für einen EU-Beitritt. Eigentlich schade, dass das Schweizer Publikum erst heute erfährt, in wessen Interesse unser früherer Bundesrat jeweils in Brüssel verhandelt hat.

Die Personenfreizügigkeit und die drohende Zehn-Millionen-Schweiz bieten dem Freiburger Ökonomen keinen einzigen Grund zur Sorge. Er erzählt lieber, wie seine Leute bei einer Uno-Diskussion gegen Christoph Blocher in St. Gallen hundert Studenten aufboten. Diese hätten jeweils bei Deiss’ Voten gejubelt, und der Blick habe geschrieben: «Unentschieden!». Offenbar ist für Deiss das Urteil des Uno-begeisterten Blick gleichbedeutend mit dem eines neutralen Schiedsrichters. Und offenbar entspricht für ihn ein «Unentschieden» gegen Blocher bereits einem Sieg.

Er habe, meint Deiss, bis 71 gearbeitet, «ohne die Bundesratsrente zu beziehen». Wie wenn er freiwillig und grossmütig darauf verzichtet hätte. In Wahrheit war er nach seinem Rücktritt wieder Professor in Freiburg, Verwaltungsratspräsident von Alstom und Verwaltungsrat der Emmi – und musste wegen eines zu hohen Einkommens per Gesetz auf die bundesrätliche Rente verzichten.

Deiss ist nicht, wie er von sich behauptet, zurückgetreten, weil er fand, acht Jahre seien genug. In Wirklichkeit ist er im wahrsten Sinne auf den Hund gekommen: Er trat 2006 im Zorn zurück, nachdem er mit dem Ringier-Verlag einen Feldzug gegen «Kampfhunde» geführt hatte, aber im Bundesrat in der Abstimmung unterlag.

An mangelndem Selbstvertrauen fehlt es Joseph Deiss wahrlich nicht, denn er vergleicht sich in der NZZ sogar mit Churchill. Frei nach Churchill kursierte in Bundesbern denn auch der folgende Satz: «Eine leere Limousine fuhr vor, und Bundesrat Deiss stieg aus.»

Die 3 Top-Kommentare zu "Alt Bundesrat Joseph Deiss präsentiert in der NZZ seine Sicht. Wie es ihm gefällt, aber wenig wahrheitsgemäss"
  • brennholzverleih

    Einmal mehr: EU-CH - nein heisst nein.

  • Eliza Chr.

    Deiss ist auch einer, der nur nach 'höheren' Pösteli suchte, aber für der Schweiz nichts brachte. Er müsste in seinem Alter das Dilemma mit der EU, den Ruin der Schweiz, denn um das geht es der EU, und die fremde Macht nicht mehr durchmachen. Es sind die Jungen, die darunter leiden und sehen würden, wie die Schweiz zum Armenhaus und von Brüssel aus dirigiert, d.h. in einer Dikatatur landen würde.

  • HJM

    Bü bü bü üü… BünzliDeiss