Kaum ist Boris Johnson als Premier entthront, verfällt das britische Königreich in Dornröschenschlaf.

Der erste direkte Schlagabtausch der beiden potenziellen Johnson-Nachfolger war eine Qual. Zuschauer des TV-Duells auf BBC konnten kaum einen Unterschied zwischen den Rivalen ausmachen.

Liz Truss versuchte mit gefrorener Miene die Entschlossenheit von Margaret Thatcher zu imitieren. Rishi Sunak eiferte der Partei-Übermutter mit straffer Fiskalpolitik nach.

So aalglatt und geklont kommen die beiden daher, dass sich viele an der Parteibasis nach dem chaotischen, aber letztlich ziemlich erfolgreichen «Bojo» zurücksehnen.

Unter Konservativen geschehe derzeit «etwas wirklich Aussergewöhnliches», vermeldet die Daily Mail. Es braue sich «immenser Unmut» zusammen. Denn man wähne hinter der Absetzung von Boris einen «brutalen Westminster-Coup».

Klar war es taktlos von Johnson, dem Volk harte Covid-Massnahmen aufzubrummen und dann selbst Partys zu feiern. Natürlich trägt Johnson an seinem Fall Mitschuld, wenn er das Volks für dumm verkauft.

Doch viele erinnern sich nun, dass der Politkauz mit dem ansteckenden Macher-Charisma die Konservative Partei vor weniger als drei Jahren zu einem historischen Erdrutsch-Sieg geführt hat. Er bescherte den Tories die grösste parlamentarische Mehrheit seit Margaret Thatcher.

Und was tat die Partei mit ihrer Macht? Sie erdolchte ihren eigenen Matchwinner – wegen vergleichsweise harmloser Skandale.

10.000 voll bezahlte Partei-Mitglieder haben jetzt die Nase voll. Sie haben eine Petition unterzeichnet, in der sie fordern, in der Causa Boris neu zu entscheiden. Nicht die Westminster-Elite, sondern die Partei-Basis solle darüber abstimmen, ob Johnson Premierminister bleiben soll.

Die Chance, dass die Revolte Erfolg hat, ist minim. Dennoch könnte sie Folgen haben.

Beobachter fürchten einen heftigen Schaden für die Partei, sollten den Mitgliedern die Möglichkeit zur Mitsprache über Boris’ Absetzung verweigert werden.

Ausserdem könnte der Basisprotest dazu führen, dass das Rennen um die Johnson-Nachfolge schon bald entschieden ist.

Profitieren vom Widerstand der Boris-Sympathisanten wird voraussichtlich jene Person, die bis zum bitteren Ende treu an Johnsons Seite gestanden hat: Neo-Thatcher Liz Truss.

Die Aussenministerin liegt in der Gunst der Parteimitglieder deutlich obenauf. Sunak hingegen war einer von vielen, der das Messer gegen Boris gezückt hat. Sein Stern flackert.

Vielleicht zahlt sich Loyalität ausnahmsweise doch mal aus.

Das ändert nichts an der Tatsache, dass das Post-Boris-Britannien an Spannung und Enthusiasmus schmerzlich eingebüsst hat.