Es wäre eigentlich Aufgabe des Präsidiums der Europäischen Zentralbank (EZB), dafür zu sorgen, dass Verträge über die gemeinsame Euro-Geldpolitik eingehalten werden.

Gemeint ist primär der Maastrichter Vertrag, zudem das Verbot, Staatshaushalte mit EZB-Mitteln zu finanzieren, indem die EZB gezielt Staatsanleihen von finanzknappen Regierungen erwirbt.

Zu den ursprünglichen Abmachungen gehört auch das Verbot der Emission von Anleihen durch die EU. Damit sollte eine Monetisierung von Staatsschulden verhindert werden.

Lagardes Vorgänger Mario Draghi warf alle Grundsätze einer seriösen Geldpolitik mit dem lapidaren Satz «Whatever it takes» über Bord, um sein Heimatland Italien vor einem Finanzkollaps zu retten.

Es wäre Lagardes Pflicht gewesen, diese gefährliche Politik bei ihrem Amtsantritt im Jahr 2019 zu korrigieren. Aber nichts dergleichen geschah.

Im Gegenteil: Mit dem fadenscheinigen Argument «Besondere Zeiten erfordern besondere Massnahmen» wurde der geldpolitische Notstand erklärt. Sämtliche Disziplinierungsregeln wurden ausser Kraft gesetzt.

Lagarde toleriert die Aufnahme von gemeinsamen EU-Schulden am Kapitalmarkt und segnet damit die Vergemeinschaftung von EU-Staatsschulden ab. Diese erscheinen aber nicht in den nationalen Staatsrechnungen.

Was bedeutet: Die nationalen Staatsrechnungen werden geschönt.

Lagardes mangelnder Respekt vor den sparsamen Leuten zeigt ein Zitat vom Oktober 2019, als sie die Meinung vertrat, dass es wichtiger sei, einen Job zu haben, als die Ersparnisse zu schützen.

Sie hat denn auch, für viele unbemerkt, an der Inflationsschraube gedreht, indem sie das ursprüngliche Inflationsziel von «nicht über zwei Prozent» über «knapp unter zwei Prozent» auf heute «zwei Prozent» anhob.

Dank der hohen Inflation werden die staatlichen Verschuldungsquoten im Vergleich zum inflationär aufgeblähten Sozialprodukt sinken. Diese optische Täuschung wird wohl die Politik zu neuen Schuldenaufnahmen verführen.

Den Preis dafür bezahlt die Bevölkerung in Form eines massiven Kaufkraftverlustes.

Aber die Inflation zieht meistens auch höhere Zinsen nach sich. Damit riskieren hochverschuldete Staaten, in die Schuldenfalle zu geraten, indem sie die steigende Zinslast nur noch mit Neuschulden bezahlen können.

Aber bis dann sind die dafür verantwortlichen Politiker und Notenbankerinnen wohl bereits aus ihren Ämtern verschwunden.