So wie die Pipeline Nord Stream 2, bis zum Rand gefüllt mit Gas, einige Hundert Meter unter der Ostsee-Oberfläche als eine Art Gasbombe schlummert, die noch Unheil anrichten kann, so schlummerte in den Bilanzen der fünf westeuropäischen Finanzierer der Pipeline ein Zeitbömbchen.

Inzwischen ist es detoniert, und keiner beklagt sich. Wie kann das sein?

Die deutschen Versorger Uniper und Wintershall, die österreichische OMV, die niederländische Shell und die französische Engie hatten jeweils bis zu 950 Millionen Euro an Krediten für die Schweizer Betreibergesellschaft der Gasröhre bereitgestellt.

Die Betreibergesellschaft, die wiederum eine Tochterfirma des russischen Energiegiganten Gazprom ist, hat Insolvenz angemeldet, als kriegsbedingt aus der Inbetriebnahme von Nord Stream 2 nichts wurde. Die fünf westeuropäischen Versorger guckten in die Röhre.

Die Bombe in ihrer Bilanz war detoniert.

An Schadensersatz war für die fünf nicht zu denken: Ansprüche haben sie nur gegen die pleitegegangene Betreibergesellschaft. Das Quintett hat sich verspekuliert, es kostet die Versorger aber allenfalls ein Achselzucken. Denn was sie hier abschreiben müssen, holen sie an anderer Stelle doppelt und dreifach wieder herein.

Wegen der nach oben geschossenen Preise für Energie lesen sich die Bilanzen der Versorger nämlich derzeit wie ein Ausdruck aus Dagobert Ducks Geldzähl-Maschine.

Es ist ein Paradox: Gerade weil Nord Stream 2 nicht in Betrieb genommen wird, geht es den Financiers der Pleite-Pipeline so richtig gut. Klagen passt da gerade nicht in die Zeit.