Eigentlich hätte sich die Ukraine gewünscht, dass die Schweiz ihre Interessen in Moskau vertritt.

So wie unser neutrales Land im Zweiten Weltkrieg Schutzmachtmandate zugunsten von nicht weniger als 43 Ländern und ihren Bürgern gegenüber den jeweiligen Gegnern vertrat. Heute sind es noch sieben Mandate, darunter seit 1980 die Vertretung der diplomatischen Interessen der USA im Iran.

Doch Russland zeigt der Schweiz die kalte Schulter: Weil unser Land im Ukraine-Krieg die Neutralität gebrochen und sich eins zu eins den EU-Sanktionen angeschlossen hat. Vermittlungsangebote, so lässt der russische Aussenminister verlauten, kämen von keinem Land infrage, das sich den «antirussischen Sanktionen» angeschlossen habe.

Es sei schliesslich kein Zufall, dass die Schweiz auf die Liste der «unfreundlichen Länder» aufgenommen worden sei. Denn wegen dieser Sanktionen sei «die Neutralität der Schweiz bis zu einem gewissen Grad beeinträchtigt».

Die Schweiz hat sich damit um die Möglichkeit gebracht, humanitär tätig zu werden, möglicherweise einen Krieg zu verkürzen oder gar Frieden zu stiften. Stattdessen sterben weiterhin Menschen. Tag für Tag. Russen wie Ukrainer.

Wir ernten jetzt die bitteren Früchte der «kooperativen Neutralität», die Aussenminister Ignazio Cassis (FDP) verkündet hat. Die Sanktionsmassnahmen des Bundesrats gegen Russland haben eine glaubwürdige Neutralitätspolitik nachhaltig beschädigt.

Die kopflose Solidarisierung mit dem ukrainischen Präsidenten durch unseren Bundespräsidenten Ignazio Cassis hat ihren Preis.

Genau wie seine devote, neutralitätswidrige Huldigung der estländischen Premierministerin im Rahmen eines privaten Ringier-Anlasses.