Die tragischen Folgen des Erdbebens werden in Syrien durch mindestens drei Faktoren verschärft. Erstens hat die US-Regierung im Jahre 1979 eine Reihe von Sanktionen gegen das syrische Regime verhängt, die im Laufe der Jahre verschärft wurden, letztmals vor vier Jahren. Die Sanktionen sollen verhindern, dass das Regime von Baschar al-Assad finanziell oder materiell unterstützt wird.

Humanitäres Elend hin oder her: An den Sanktionen will Washington im Prinzip festhalten. Es wäre «ziemlich ironisch, wenn nicht sogar kontraproduktiv», eine Regierung zu unterstützen, die ihr Volk seit nunmehr einem Dutzend Jahren «brutal behandelt, vergast und abgeschlachtet hat», meint der Sprecher des Aussenministeriums.

Nur eine symbolisch anmutende Erleichterung ist vorgesehen. Während sechs Monaten wollen die USA bei Hilfslieferungen Sanktionen aufheben, um die Not zumindest etwas zu lindern. Und danach? Das weiss derzeit niemand.

Die Lockerung der Sanktionen allein reicht nicht. Zumal die Versorgung der Menschen erschwert wird, weil die meisten Opfer im Nordwesten Syriens zu beklagen sind, also in der Region, die von Terrorgruppen kontrolliert wird. Diese Gruppen verweigern den Helfern den Zugang.

Drittens kennt der Zynismus Assads keine Grenzen. Er und sein Netzwert bereichern sich an der humanitären Hilfe, stehlen Spenden und verkaufen Hilfsgüter auf dem Schwarzmarkt, statt sie an die Opfer des Erdbebens weiterzuleiten. Dabei hilft ihnen Russland, Assads Freund. Moskau besteht nämlich darauf, dass die Hilfe über Damaskus laufen soll, was die Lieferung von Hilfsgütern unweigerlich verlangsamt und dezimiert, weil Teile abgezweigt werden.

Das Assad-Regime müsste im Kampf gegen das Elend alle von ihm kontrollierten Grenzübergänge öffnen und seine offizielle Kontrolle über die Verteilung von Hilfsgütern aufgeben. Aber die USA sind in einer schlechten Position dafür, die Regierung zu diesen Änderungen zu bewegen.

Somit beherrscht Assad, der gegen sein Volk Giftgas eingesetzt hat, bis auf weiteres den wichtigsten Kanal der Syrien-Hilfe.