Frage: Wie politisch sind Deutschlands an sich unabhängige Behörden?
Antwort: immer mehr.

Jüngstes Beispiel: Die Staatsanwaltschaft in Berlin prüft, ob sie den Antrag stellen soll, die Immunität des liberalen Finanzministers Christian Lindner aufzuheben. Er hat einen Hauskredit bei einer Bank aufgenommen, für die er ein Grusswort zum Firmen-Jubiläum gehalten hat. Das reicht zwar noch nicht für einen Anfangsverdacht wegen Vorteilsnahme, stellt die Staatsanwaltschaft selber fest. Es hindert sie aber nicht, laut über die Aufhebung der Immunität nachzudenken.

Geleitet wird die Staatsanwaltschaft von Margarete Koppers. Die Juristin wurde vom grünen Berliner Justizsenator 2017 ins Amt gehoben, obwohl gegen sie damals ein Ermittlungsverfahren wegen fahrlässiger Körperverletzung lief. Kaum war sie im Amt, stellte die Staatsanwaltschaft das Verfahren gegen ihre neue Chefin ein. Ob Lindner auch auf so viel Gnade hoffen kann, ist angesichts seiner politischen Rolle fraglich.

Es ist nicht der erste Vorgang, der eine an sich unabhängige Behörde in ein politisches Zwielicht taucht: Der von CDU-Mann Thomas Haldenwang geleitete Verfassungsschutz hat im vergangenen Jahr eine neue Extremismus-Kategorie erfunden.

«Delegitimierung des Staates» heisst sie und wird wahlweise gegen Corona-Protestler oder Bewohner des im Starkregen untergegangenen Ahrtals angewendet, die der Politik völliges Versagen ankreiden. Kritiker werden bei Haldenwang schnell zu Verfassungsfeinden.

Gemeinsam ist beiden Fällen: Hier schlagen Behörden über die Stränge.

Wer hält sie auf?