Die Schweizer Energiepolitik führt in die Irre, weil sie von falschen Voraussetzungen und naiven Machbarkeitsideen ausgeht. Die gröbsten Fehlannahmen müssten dringend korrigiert werden, damit uns der Strom nicht ausgeht:

Irrtum Nummer eins: Die Schweiz kann temporäre Stromversorgungs-Lücken im Zuge der Energiewende mit Importen decken

Wegen der Energiewende in Deutschland, des Krieges in der Ukraine und der Überalterung der französischen Atomkraftwerke macht sich auch in den traditionellen Stromlieferländern der Schweiz ein Mangel an elektrischer Energie breit. Die Reduktion der Gaslieferungen aus Russland in die EU werden die Energieknappheit zusätzlich verschärfen, und diese Ausfälle können nur bruchteilig mit Flüssiggas-Lieferungen aus den USA oder aus Katar kompensiert werden. Es fehlt an notwendigen Entlade-Infrastrukturen. Instabilitäten im Netz und Stromversorgungs-Lücken werden in der Schweiz deshalb kaum zu vermeiden sein.

Irrtum Nummer zwei: Der Aufbau alternativer Energien geht zügig voran. Deshalb können Atomkraftwerke schon bald stillgelegt werden

Der Aufbau alternativer Energie-Erzeugungs-Anlagen geht zu schleppend voran. Nach wie vor sind die administrativen Umtriebe gross und langwierig. Selbst der Ausbau der Wasserkraft wird von Umweltverbänden, in denen viele links-grüne Bundesparlamentarier Einsitz haben, blockiert. Die Effizienz von Solar- und Windkraftanlagen ist in der Schweiz geringer als in Küsten- und sonnenreichen Ländern. Es fehlt an Fachkräften und notwendigen Steuerungsanlagen zur Koordination der Vielzahl neuer kleiner Solarstromlieferanten. Während der letzten zehn Jahre blieb der Stromverbrauch dank Sparmassnahmen weitgehend konstant. Das Bevölkerungswachstum, der Umstieg auf E-Mobile und Wärmepumpen führt nun aber zu einer jährlichen Mehrnachfrage nach Strom. Der Neuzugang an alternativer Stromproduktion wird wohl nicht einmal dazu ausreichen, das Nachfragewachstum zu decken.

Irrtum Nummer drei: Es können jederzeit in beliebigem Ausmass Solarpaneele und Bestandteile der Windkraftanlagen importiert werden. Zudem sinken deren Preise Jahr für Jahr. Auch Elektroautos werden billiger, was den Umstieg erleichtert

Auch China verfügt nur über beschränkte Produktions-Kapazitäten, und die Rohstoffpreise sind massiv angestiegen. Kommt hinzu, dass die Schweiz nicht das einzige Land ist, das mehr Solarpaneele importieren will. Die Produktivitäts-Steigerungen der Solarpaneele flachen ab. Selbst Tesla muss seine Preise für E-Autos erhöhen, denn die Rohstoffe insbesondere für Batterien werden knapp. Die Erschliessung neuer Lithium-, Nickel- oder Kobalt-Minen sind wegen Umweltbedenken der Regierungen blockiert.

Irrtum Nummer vier: Neue Technologien werden die Speicher- und Stromproduktionsprobleme lösen

Neue Speicher-Technologien sind nicht rechtzeitig erhältlich. Die Batteriepreise steigen infolge massiver Preissteigerungen von Lithium und Nickel erstmals wieder. Mini-Kernkraftwerke sind noch nicht marktreif, und die Brennstäbe werden fast ausschliesslich in Russland fabriziert. Wasserstoff und ähnliche Technologien zum Ersatz fossiler Treibstoffe erscheinen praktikabel, erfordern aber ebenfalls elektrische Energie und hohe Infrastruktur-Investitionen. Ausschliesslich auf neue Technologien zu setzen, ist riskant, denn wenn sie nicht zeitgerecht marktreif oder zu kostspielig sind, werden weitere Versorgungslücken auftreten.