In Abständen von Jahrzehnten erreichen uns immer wieder mehr oder weniger amüsante und ansatzweise epochale Fotos aus der Sowjetunion.

Da war der grossartig besoffene Boris Jelzin in den 1990ern. Der grössenwahnsinnige Putin mit nacktem Oberkörper und Militärhosen vor gut zehn Jahren. Und jetzt der russische Aussenminister Lawrow.

Sitzt da auf Bali, sieht aus wie ein älterer Herr im Ruhestand, in blauen Shorts, einem blauen T-Shirt, einem Handy, einer Apple-Watch, und Slippern.
Alles «made in USA».

Er macht sich ein paar Notizen. Erfindet wohl Geschichten, das ist sein Job. Er sieht aber alles in allem aus, als ob bald eine feingliedrige Masseuse mit kräftigen Fingern ihn vom Daseinsdruck als Aussenminister und Sprechpuppe eines selbsternannten Zaren kurzfristig erlösen würde.

Sein Outfit widerspiegelt kongenial sein inneres Drama und die Lächerlichkeit von staatlich verordneter Ideologie; der Mann leidet – wie das ganze Land – unter einer Identitätskrise. Trägt ein Basquiat-T-Shirt für 49 Euro, von einem Maler, der in Russland aufgrund seiner sexuellen Neigungen schon längst aus einem Krankenhausfenster gefallen wäre.

Wahrscheinlich, das zu seiner Verteidigung, hatte er es gekauft, als er noch in New York lebte. Als er Spass hatte und Putin noch eine graue Maus in Dresden war und Uniform trug, Soldaten in Funkkommunikation unterrichtete und für die Überwachung von Besuchergruppen des Konkubinats Robotron, das furchtbar miese Informationstechnologie herstellte, verantwortlich war.

Was kommt als nächstes Foto aus dem irre gewordenen und verwirrten Land, das daherkommt wie ein ausgetragenes T-Shirt?

Der Gründer der Schlächtertruppe Wagner, Dmitri Utkin, beim Flanieren am linken Ufer des Dnjepr in Che-Guevara-T-Shirt?

Drôle de guerre. Drôle de vie.