Die westlichen Sanktionen gegen Russland werden zwar eifrig befolgt. Mehr als tausend Unternehmer haben sich bisher aus Russland zurückgezogen, wie eine neu aufdatierte Liste der Yale-Universität zeigt.

Aber Boykotte sind dazu da, umgangen zu werden. Über Schlupflöcher – zum Beispiel die Türkei, China oder die Vereinigten Arabischen Emiraten – finden Hightech-Produkte den Weg zu Russlands Armee. Zudem, weiss die Financial Times, verschwinden EU-Exporte, die eigentlich von den Sanktionen betroffen sind, im Transit zu Russlands Wirtschaftspartnern. Dieser «Geisterhandel» trage dazu bei, Wladimir Putins Armee zu stützen.

Russland bekämpft die Sanktionen aktiv, indem es neue Märkte für seine wichtigsten Exportprodukte erschliesst. Moskau setzt nicht nur Schmuggler ein, um seine Devisenbringer zu vermarkten. Putin hat eine Flotte von mehr als hundert Tankern mit geheimer Registrierung zur Hand, die russische Energie weltweit transportieren – unter Umgehung der Sanktionen.

Pikant: Laut einer im April veröffentlichten Studie des Centre for Research on Energy and Clean Air haben auch westliche Länder, die russisches Öl verboten haben, zusammen russische Ölprodukte im Wert von fast 46 Milliarden Dollar eingeführt.

Als besonders harte Strafe war der Ausschluss vom westlichen Bankensystem gedacht. Doch auch hier weiss sich Putin zu helfen. Er lässt die Geschäfte in Yuan abwickeln. Und löst sich vom Dollar.

Für Putin innenpolitisch besonders wichtig: Er kann sein Versprechen halten, dass die Elite weiterhin mit Markenartikeln aus dem Westen versorgt wird, Sanktionen hin oder her. Er hat ein Gesetz erlassen, wonach Produkte aus dem Ausland importiert werden dürfen, ohne die Erlaubnis des Markeninhabers einzuholen.

Weil sich der Welthandel auf die westlichen Sanktionen eingestellt hat, können die neuesten iPhones in Moskau noch am selben Tag geliefert werden, und sie sind sogar billiger als in Europa. In Warenhäuser gibt es immer noch Gucci, Prada und Burberry zu kaufen, und neue Land Rover, Audi und BMW sind im Angebot, als gäbe es keine Sanktionen.

Die 3 Top-Kommentare zu "Offene Schlupflöcher: Die Russland-Sanktionen greifen nicht, weil sie umgangen werden. Sie sind deshalb nutzlos"
  • fmj

    Es ist eingetroffen, was weitsichtige und das Denken beherrschende Politiker und Wirtschaftsgrössen aufgrund ihrer Erfahrungen vorausgesagt haben: Wir schaden uns selber! Die verbliebenen denkabstinenten Politiker mit ausgeprägter Zukunftsblindheit verharren wie Kleinkinder in ihren bornierten und gefährlichen Ansichten. Für uns Schweizer: Keine Aktion! Unseren Gesetzen (keine Sanktionen, kein Kriegsmaterial) nachleben, hilft allen. Allerdings ist dazu etwas Rückgrat Voraussetzung!

  • oberkaufungen1

    Sanktionen schaden nur dem der sie verhängt!

  • beograd

    Menschen, die früher verstanden haben, wie sich die Welt bereits verändert hat, wie sehr die neuen geopolitischen Blöcke und Verbindungen gestärkt wurden, wie sehr der Westen in seiner früheren Überlegenheit versagt hat ... dieser Mensch wusste, dass all diese "Sanktionen" nur diejenigen zerstören, die sie erklärt haben. Es gibt keine Schlupflöcher. Wozu soll das gut sein? Es gibt eine neue Welt, in der der Westen eine immer kleinere Rolle spielt und immer weniger zu sagen hat. Ja, Paranoia!