Seit dem 7. Oktober ist Israels Armee an mehreren Fronten engagiert: nicht nur gegen die Hamas im Gazastreifen, sondern auch gegen die Hisbollah im Libanon, gegen palästinensische Terrorgruppen im Westjordanland und in Syrien sowie gegen die Houthis im Jemen. Ihnen ist gemeinsam, dass sie für ihren Kampf gegen Israel von Teheran alimentiert werden. Trotzdem spricht einiges dafür, dass der Nahe Osten nicht in Flammen aufgehen wird.

Erstens ist der Gaza-Krieg auf den Küstenstreifen beschränkt. Die Hisbollah, Teherans Speerspitze im Libanon, zwingt Israel seit dem 7. Oktober zwar einen Abnutzungskrieg auf. Fast täglich kommt es im Norden Israels zu Raketen- und Drohnenangriffen. Rund 60.000 Israeli wurden von der Nordgrenze evakuiert und werden wohl erst im Sommer in ihre Häuser zurückkehren. Viele Häuser liegen in Trümmern. Die Hisbollah schiesst immer mehr Raketen ab und schickt Drohnen. «Die Aggression der Hisbollah bringt uns an einen kritischen Punkt bei der Entscheidungsfindung über unsere militärischen Aktivitäten im Libanon», warnt Israels Verteidigungsminister Joaw Galant.

Amerikanische Unterhändler versuchen, den Brandherd zu entschärfen. Doch auch wenn das nicht gelingt: Ein regionaler Flächenbrand zeichnet sich nicht ab.

Das Arsenal der Hisbollah ist zwar um ein Vielfaches gefährlicher als dasjenige der Hamas. Es besteht aus 150.000 Raketen und Mittelstreckenraketen, die jeden Punkt in Israel erreichen können, zudem jedes Militärlager der Armee, den Atomreaktor in Dimona und das militärische Hauptquartier in Tel Aviv sowie das Parlament in Jerusalem.

Aber aus mehreren Gründen hat der Iran kein Interesse, dass seine Stellvertreterin im Libanon, die Hisbollah, Israel in einen grossen Krieg verwickelt. Die Hisbollah steht im Libanon unter Druck, den Abnutzungskrieg nicht zu einem vollen Krieg auszuweiten. Der Druck geht nicht nur von den rund 120.000 Libanesen aus, die aus dem Südlibanon aus Angst vor israelischen Angriffen ins Landesinnere geflohen sind. Die Libanesen wollen nicht, dass ihnen das gleiche Schicksal widerfährt wie den Palästinensern in Gaza und ihre Städte verwüstet werden.

Vor allem aber will der Iran, Gönner und Waffenlieferant der Hisbollah, verhindern, dass die Raketen der Hisbollah vernichtet werden. Die Terrororganisation ist ein wichtiger strategischer Aktivposten des Iran für den Fall, dass Israel Teherans Atomprojekt angreifen sollte. Dann würde die Islamische Republik die Hisbollah aktivieren. Eine Hisbollah ohne Waffen wäre für Teheran nutzlos.