Wenn Deutschlands Wirtschaftsminister Robert Habeck von «Erfolgen» der Russland-Sanktionen spricht, dann ist dies etwa so irreführend wie die Etikettierung des Rüstungsprogramms als «Sondervermögen».

Aber im Vergleich zu den übrigen Neuschulden sind diese 100 Milliarden Euro ein Klacks.

Nachdem bereits die Energiewende für neue Umverteilungs-Programme missbraucht wurde, wird nun auch der Ukraine-Krieg dafür instrumentalisiert. Neue «soziale Errungenschaften» wie Heizkostenzulagen oder Klimagelder werden die Steuerzahler wohl noch über Jahre belasten.

Viele Europäer glauben, die Sanktionen würden strikte eingehalten. Ich war zufälligerweise 2014, als die EU nach dem Krim-Einmarsch der Russen ebenfalls Boykotte verhängte, in St. Petersburg. Keine Spur von Mangellagen. Im Gegenteil.

Die Supermärkte waren mit westlichen Produkten, vor allem aus Frankreich, vollgestopft. Deshalb sind zumindest Zweifel angebracht, ob diesmal konsequenter gehandelt wird. Von Kontrollen oder gar von Konsequenzen für jene, die Umwege für Warenlieferungen nach Russland nutzen, hat man bis anhin nichts vernommen.

Die Sanktionen werden das Wachstum Russlands stark drücken, aber auch die Ukraine und der Westen werden, in absoluten Grössen gemessen, wohl rund zweieinhalbmal so hohe Rückschläge wie Russland erleiden. Diese Aussage lässt sich aus den jüngsten BIP-Schätzungen des Internationalen Währungsfonds ableiten.

Einige Sanktionen wie die Einstellungen von Ersatzteillieferungen werden zwar erst verzögert wirken, aber auch umgekehrt werden Betriebsschliessungen von deutschen Unternehmen in Russland erst in den Jahresabschlüssen 2022 anfallen und steuerlich geltend gemacht werden. In vielen armen Staaten drohen infolge der ausfallenden Getreidelieferungen aus Russland und der Ukraine Hungersnöte.

Auch wenn die Teuerung in Deutschland schon vor dem 24. Februar 2022 deutlich angezogen hat, so hat der Ukraine Krieg einen weiteren Schub verursacht. Die April-Produzentenpreise in der EU zeigen, dass noch einiges an Teuerung auf die deutschen Konsumenten zukommt.

Die Sparer und Rentner sind die Verlierer, der Staat dank höheren Mehrwertsteuer-Einnahmen der Gewinner.

Als Rohrkrepierer erwies sich die westliche Attacke auf den Rubel, der zwar anfänglich einbrach, aber inzwischen um 27 Prozent über dem Stand von Ende 2021 liegt, obwohl der Leitzins nach einem kurzen Höhenflug wieder kräftig gesenkt wurde.

Und die russischen Währungsreserven haben seit dem Hoch gegen Ende 2021 erst um knapp 50 Milliarden auf 583 Milliarden US-Dollar abgenommen.

Eine Pleite Russlands bleibt deshalb reines Wunschdenken.

 

Hans Kaufmann ist alt Nationalrat (SVP), Ökonom und Wirtschaftsberater.