Noch vor wenigen Wochen hatte die Europäische Union – wieder einmal – mit schönen Begriffen ihre Ziele beschrieben: Sie wolle die «harmonische Entwicklung der gesamten EU fördern».

Doch spätestens seit der Ukraine-Krise zeichnet sich ab: Mit der Einheit und Harmonie der Union ist es nicht weit her. Sie funktionieren nur während Schönwetterperioden, nicht aber in Krisenzeiten.

Konflikte zwischen den Mitgliedstaaten gab es immer schon. Aber die Streitigkeiten und Differenzen konnten bequem mit Geld übertüncht und vertuscht werden.

Nach drei Monaten Krieg in Europa prallen die unterschiedlichsten Interessen indessen so hart aufeinander, dass sich die Einigkeit nicht mit Euro-Transfers herbeizaubern lässt.

Die Ukraine-Krise wird zur Schicksalsfrage der Union.

Der Graben geht quer durch die Gemeinschaft: Die einen wollen auf russisches Gas verzichten, andere sind aber so stark davon abhängig, dass das für sie nicht in Frage kommt.

Einige EU-Mitglieder – vor allem die baltischen und die nordischen Staaten – wollen die Ukraine möglichst schnell aufnehmen, andere – darunter Frankreich und Deutschland – wollen damit zuwarten.

Zoff wird es auch bei der Frage geben, wie die Kosten des Wiederaufbaus der Ukraine finanziert werden sollen – und wer die Last zu tragen hat.

Die Uneinigkeit in den zentralen Fragen hat der deutsche Wirtschaftsminister Robert Habeck als «einen langsamen Verlust der europäischen Einigkeit» beklagt. Es fange schon wieder an «zu bröseln und zu bröckeln», sagte er.

Überraschend ist nur, dass ihn das überrascht hat.