Es ist eine Binsenweisheit: Handel schafft Wohlstand, kein Handel schafft keinen Wohlstand. Und das gilt stets für alle Beteiligten.

Die Sanktionen gegen Russland fallen auch unter dieses Kapitel. Sie schaden beiden Seiten, Russland und dem Westen. Die Frage seit dem 24. Februar – dem Tag, als Russland in die Ukraine einmarschierte und das umfangreichste Sanktionsregime seitens der EU in Kraft gesetzt wurde, das Europa jemals sah – lautet: Wem schaden sie mehr?

Die EU hat fast alle Wirtschaftsgeschütze aufgefahren, über die sie verfügt: Russische Banken werden boykottiert, indem sie vom Zahlungssystem Swift abgeschnitten sind. Russische Güter dürfen nicht importiert werden, umgekehrt darf vieles nicht nach Russland exportiert werden.

Für Flugzeuge, Lastwagen und Schiffe aus Russland sind Häfen und Strassen geschlossen, 108 Organisationen sowie 1206 Personen dürfen nicht in die EU reisen, und ihre Vermögenswerte sind bis auf weiteres beschlagnahmt.

Es stimmt: Bei all diesen Sanktionen gibt es Ausnahmen. Ein paar Banken können doch Handel betreiben, Schiffe mit Uran dürfen doch in der EU vor Anker gehen, weil der Brennstoff gebraucht wird. Landwirtschaftliche und medizinische Güter fliessen nahezu ungebremst, wobei keiner ganz genau weiss, was dazu gehört und was nicht.

Unterm Strich macht sich jedoch langsam die Erkenntnis breit: Die Sanktionen wirken in Russland stärker als hierzulande. Deutsche Ökonomen haben zwar bereits die Rezession ausgerufen, aber sie wird nach allen bisherigen Voraussagen einen Rückgang des Bruttoinlandsprodukts bis auf minus 1 Prozent nicht überschreiten.

Berechnungen für Russland gehen von einem Minus aus, das bei mindestens 6 Prozent liegt.

Dazu kommt: In Deutschland geht es wieder aufwärts, wenn das Gas von anderswo kommt. In Russland ist kein Ende in Sicht.

Auch dabei gibt es wieder Ausnahmen: Der staatliche russische Energiekonzern Gazprom macht ein Bombengeschäft, weil die Energiepreise so schön hoch sind. Und der Rubel-Kurs hält sich wacker, was auch mit dem schwachen Euro zu tun hat.

Und natürlich über allem steht: Den Krieg haben die Sanktionen bisher nicht beendet.

Ein Grund, sie zu beenden, ist das allerdings nicht.

Die 3 Top-Kommentare zu "Wer gewinnt den Wirtschaftskrieg? Wem schaden die Sanktionen mehr: dem Westen oder Russland?"
  • jwvg

    Eine Rezession von 1%? Es gibt keine preiswerte Energie, reihenweise machen Industriebetriebe zu, für immer, die Kunden kaufen woanders. Der Mittelstand ist ausgeblutet, man hat ihm während der Pandemie klargemacht, was sein „Eigentum“ wert ist - wer investiert noch ohne Rechtssicherheit, ich nicht. Es gibt auch keine Kredite mehr für kleine Unternehmen, die Banken dienen nur noch der EZB als Durchlauferhitzer zur „Finanzierung“ maroder Staaten.

  • arouet

    Alleine schon der Begriff "der Westen" ist problematisch, denn er unterstellt, die Nato-Länder seien eine Einheit. In Wirklichkeit aber profitiert die US-amerikanische Fracking-Gas-Industrie von den Ukraine-Kriegs- bzw. Russland-Sanktionen, während die deutsche Industrie, insbesondere die energieintensiven Metall- und Chemie-Industrien, sehr darunter leiden. Und auch der deutsche Mittelstand leidet. Außerdem auch deren Arbeitnehmer. Darüber hinaus auch alle gering- und normalverdienenden Bürger.

  • arouet

    Unter der Merkel Ära gab es langfristige Energie-Lieferungs-Verträge mit Russland zu sehr günstigen Preisen. Sei Deutschland & die EU die zuvor in Washington beschlossenen Anti-Russland-Sanktionen übernommen haben, sind die Energiemengen gesunken und die Preise für Deutschland extrem gestiegen. Russland ist nun frei, und kann sein Gas nun zu viel höheren Preisen verkaufen, also seine Einnahmen steigern. In Deutschland aber steigen die Ausgaben, & der Wert deutscher Unternehmen sinkt (DAX, MDAX)