Man könne über die deutsche Regierungsbank im Parlament sagen, was man wolle, findet unser Autor Matthias Matussek, aber sie sei vor allem eines: ungebildet und kulturlos. Sie ist bepackt mit Studienabbrechern und windigen Lebenslauf-Frisierern. Da sieht es in der vielgeschmähten Oppositionspartei der AfD schon anders aus. Geführt von einer chinesischsprechenden Einser-Juristin, mit einem Ausschussvorsitzenden, der ein internationaler Cellistenstar ist, Professor und ausgebildeter Elektrotechniker: Matthias Moosdorf aus dem Wahlkreis Zwickau. Mit ihm unterhielt sich Matussek über das Desaster der deutschen Aussenpolitik und, selbstverständlich, über Rachmaninow. Seite 24

 

Verwurzelt in beiden Kulturen, beschreibt die Pianistin und Schriftstellerin Rahel Senn die Unterschiede in der Einwanderungspolitik zwischen Singapur und der Schweiz. In Singapur werden als (meist vorübergehende) Zuwanderer nur Leistungsträger geduldet, die dem Land etwas bringen. Die Schweiz hingegen hat die Kontrolle über die Zuwanderung längst verloren und gibt sich sozial bis hin zur Benachteiligung der eigenen Bevölkerung. Unser Land nimmt den Identitätsverlust einfach hin – was viel mit mangelndem Nationalstolz zu tun hat. Sind die Schweizer bloss bescheiden und freundlich? Oder doch etwas scheinheilig? Seite 28

 

In Polen hat die langjährige Regierungspartei PiS von Jaroslaw Kaczynski die Mehrheit verloren. Donald Tusk, ein enger Partner der EU, und die Opposition stehen vor der Machtübernahme. Tusks Triumph sei ein Sieg der Stadt über das Land, des Westens über den Osten, der Wohlhabenden über die Armen und von Brüssel über Warschau, schreibt Christopher Caldwell, der die Wahlen in Polen aus der Nähe beobachtet hat. Der Wahlausgang versetze die Hälfte der polnischen Bevölkerung in ein Delirium, das dem von 1989 gleicht. Seite 33–38

 

Er war einer der grossen Schweizer Autoren der Generation nach Max Frisch und Friedrich Dürrenmatt: Hermann Burger (1942–1989), ein Wortakrobat von atemberaubender Virtuosität. Der Sprachjongleur, der selber auch ein Hobbyzauberer war, stand im Bann des «Circensischen»; aber ebenso des «Cimiterischen», wie er seine obsessive Beschäftigung mit dem Tod nannte. In seinem ersten Roman, «Schilten» (1976), erteilt ein verrückter Lehrer seinen Schülern Friedhofkunde statt Heimatkunde. Und auch in den «Kirchberger Idyllen» (1980) vermied Burger, der durch Selbstmord starb, jeden Anklang an eine heile Welt. Für Kurt Steinmann, der die «Idyllen» wiedergelesen hat, stehen sie unmissverständlich im Horizont der letzten Dinge. Seite 42

 

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