Er habe sich erst am Sonntagmorgen, 2. Februar, entschieden, nicht für den Bundesrat zu kandidieren, gab Christophe Darbellay am Sonntagabend an einer gross angekündigten Medienkonferenz in Martigny bekannt.

Ob diese Aussage der Wahrheit entspricht und ob der Walliser Staatsrat die Gunst der Stunde nicht genutzt hat, um seine Wiederwahl in die Exekutive am 2. März zu forcieren, ist allerdings mehr als fraglich. Ein Parteiinsider sagte der Weltwoche bereits vor einigen Tagen, dass der Ex-CVP-Präsident nicht antreten werde.

Das macht Sinn, denn es passt in die Strategie von Kandidat Markus Ritter, der Nachfolger der zurücktretenden Viola Amherd werden will.

Der Bauernpräsident ist mit allen Wassern gewaschen und gab seine Kandidatur erst bekannt, als er sicher war, am 12. März mit grosser Wahrscheinlichkeit gewählt zu werden. Der St. Galler Nationalrat führte diverse Gespräche mit allen möglichen Verbündeten und möglichen Gegnern, um sich für alle Eventualitäten abzusichern.

Darbellay – bis heute bestens bekannt und vernetzt im Mitte-links-Lager in Bern – hätte eine reelle Chance gehabt, Ritter gefährlich zu werden. Der Ostschweizer wollte daher im Vorfeld sichergehen, dass ihm der Unterwalliser nicht in die Quere kommt. Es ist deshalb sehr wahrscheinlich, dass der Biobauer wusste, dass Darbellay kein Herausforderer für ihn sein wird.

Das Vorgehen passt zu Ritter, der nichts dem Zufall überlässt, der es gewohnt ist, zu bekommen, was er will – und der nichts dem Zufall überlässt. Eine Abfuhr durch die Vereinigte Bundesversammlung kommt für das politische Schwergewicht deshalb unter keinen Umständen in Frage.

Gleichzeitig weiss die Mitte-Fraktion, was sie an seiner Kandidatur hat. Früher hätte die ehemals christlich-konservative Partei dem Herrgott gedankt, dass sie nach all den Absagen doch noch eine Persönlichkeit von Format ins Rennen schicken konnte. Heute tut sie das bekanntlich nicht mehr und ist wohl einfach froh, überhaupt noch einen fähigen Politiker in ihren Reihen zu haben, der den Job machen will.

Die Tragik ist: Das peinliche Bundesrats-Auswahlverfahren der Mitte-Mitte ist kein Zufall. In den vergangenen Jahren verkam die Gruppierung zur Mehrheitsbeschafferin von rot-grünen Träumen.

Der damalige CVP-Chef Darbellay half seinen Freiburger Kumpels Christian Levrat und Alain Berset 2007, den damaligen SVP-Bundesrat Christoph Blocher aus der Regierung zu schmeissen. Das Duo Doris Leuthard und Eveline Widmer-Schlumpf sorgte 2011 nach einem Tsunami in Japan als Mitglied in der Landesregierung dafür, dass die Schweiz aus der Atomkraft ausstieg. Und Noch-Verteidigungsministerin Viola Amherd hinterlässt in ihrem Departement einen Scherbenhaufen; doch statt sich um die Armee zu kümmern, setzt sie ihre ganze Energie in den letzten Jahren dafür ein, dass die Schweiz an der EU andockt und sich der Nato annähert.

Es wird für Ritter eine Herkulesaufgabe, das VBS wieder auf Vordermann zu bringen. Gemessen an seinen Vorgängern und anderen Aushängeschildern der Mitte wird es aber ein Leichtes, die Erwartungen zu erfüllen – oder sie zu übertreffen.