Die Buchbrache ist eine Branche in der Krise.

Seit Jahren sinkt die Zahl der Leser und der Neuauflagen. Das Publikum wird zunehmend älter. Die Feuilleton-Redaktionen der grossen Zeitungen sind ausgedünnt. Das geht natürlich auch nicht an der Frankfurter Buchmesse vorbei, die heute zum 75. Mal nach dem Krieg ihre Pforten öffnet.

Da kommt es nicht ungelegen, wenn ein kleiner (oder grösserer) Skandal für Erregung und Aufmerksamkeit sorgt – der Leitwährung des Internetzeitalters.

Und wer sorgte für einen schöneren Skandal als der skandalöse Starphilosoph Slavoj Zizek? Der betrat gestern als Abschlussredner der Eröffnungszeremonie die Bühne. Seine Heimat Slowenien ist in diesem Jahr Gastland der Messe.

Nachdem Zizek das Morden der Hamas bedingungslos verurteilt hatte, forderte er unter anderem, Palästinenserrechte ebenso zu verteidigen wie den Antisemitismus zu bekämpfen. Daraufhin brach ein offener Tumult los. Der Frankfurter Oberbürgermeister Mike Josef verliess ebenso den Saal wie später der Antisemitismus-Beauftrage Hessens, Uwe Becker.

Zum Schluss ergriff Jürgen Boos, Direktor der Buchmesse, das Wort, verteidigte die Freiheit des Wortes, dankte Zizek für dessen Rede und zeigte sich zugleich froh, dass die Rede unterbrochen worden war. Das ist die neue Diskurskultur in Deutschland: Man darf angeblich alles sagen, aber man muss sich auf Tumulte und Buhrufe gefasst machen – schliesslich zeigt das die Lebendigkeit der Debatte. Doch gerade in so angespannten Zeiten wäre zuhören und sachlich diskutieren auch nicht schlecht. Aber das ist offensichtlich aus der Mode gekommen.