Dieser Kommentar erschien zuerst gesprochen im Radio Kontrafunk.
Im Krieg stehen nicht die Guten gegen die Bösen, und über den Sieg entscheidet nicht die höhere Moral, sondern die Grösse der Bataillone und das Glück.
Es geht auch eher selten um den Sieg der Demokratie oder der westlichen Werte oder der Freiheit der ganzen Menschheit, auch wenn es so behauptet wird, sondern um Machtpolitik und Interessen. Dafür wird dann schon mal die Wahrheit zurechtgebogen oder schlicht gelogen.
Propaganda begleitete selbst zu Zeiten die kriegerischen Handlungen, als es genügte, dass der Herrscher den Marschbefehl gab. In Demokratien wird es indes weit wichtiger, die Bürger vom Wert der Angelegenheit zu überzeugen, für die sie ihr Leben riskieren sollen. Dabei werden gern die höchsten Ideale bemüht: die Welt muss von einem Tyrannen befreit werden, der die Weltherrschaft anstrebt. Wer könnte dagegen etwas einwenden?
Doch das Moralisieren macht Kriege höchstens blutiger, denn der erzböse Feind muss ja niedergerungen werden – bis zum letzten Ukrainer, wie ein einst hochrangiger US-Diplomat zynisch kommentiert.
Nun, gegen einen Angriff darf man sich verteidigen. Die Ukraine hat jedes Recht dazu. Doch «der Westen» mischt sich keineswegs aus moralischen Gründen allein ins Spiel. Die Militärstrategen der USA haben ein Interesse daran, Russland zu schwächen und als Konkurrenten aus dem Spiel zu nehmen. Wer das zur Kenntnis nimmt, ist damit kein «Putin-Freund».
Doch das Wort Interesse gilt in Deutschland als schmutzig und verdorben, bei uns muss es stets um höchste Werte gehen. Ich erinnere mich gut an 1991, als die USA Saddam Hussein mit Waffengewalt daran hinderten, Kuweit zu annektieren. Das war völkerrechtlich gedeckt, anders als der Regimechange, den die USA Jahre später mit dem Sturz Saddam Husseins einleiten wollten. Das moralisch genehme Ende des Diktators aber traf weit eher auf Beifall als der interessegeleitete Eingriff 1991 – «Kein Blut für Öl» stand damals auf den vielen weissen Bettlaken, die aus den Fenstern hingen.
Nun, auch Europa und Deutschland hatten ein Interesse daran, dass die kuweitischen Ölvorkommen nicht in die Hände eines Diktators gelangten. Doch das vermochte das pazifistische Gemüt damals ebensowenig zu berücksichtigen wie heute die Bellizisten die deutsche Abhängigkeit von russischem Gas. Die Lust, im Krieg fürs Gute zu sein, vernachlässigt eigene Interessen und verdrängt offenbar auch jede Angst vor einem atomaren Schlagabtausch.
Nun, die Grünen sind ja bereits im Kosovokrieg eingeknickt. Auch damals ging es um höchste Werte, um die Souveränität des Kosovo, für die man auch den Bruch des Völkerrechts in Kauf nahm – während heute jeder Gedanke daran als skandalös empfunden wird, dem überwiegend von Russen bewohnten Teil der Ukraine ebenfalls eine gewisse Souveränität zuzubilligen.
Wie verkaufte der damalige Aussenminister Joschka Fischer den Friedensfreunden in seiner Partei 1999 den Nato-Einsatz im Kosovo, immerhin den ersten deutschen Kriegseinsatz seit dem zweiten Weltkrieg? Genau: mit den höchsten Werten. Nie wieder Auschwitz, nie wieder Faschismus. Es ging ja schliesslich um eine «humanitäre Intervention».
Die Grünen im Krieg. Das hat auch etwas unendlich Kindisches. Plötzlich entdeckt ein Robert Habeck, dass er vielleicht doch den Wehrdienst nicht hätte verweigern sollen, und ein Anton Hofreiter verweist entschuldigend darauf, dass sein rechtes Bein vier Zentimeter kürzer sei als das linke Bein, weswegen er ausgemustert worden sei.
Vorbildlich hingegen der Bundestagsabgeordnete Marcus Faber, im Bundesvorstand der FDP und Leiter der Arbeitsgruppe Verteidigung. Er leistet einen ganz besonderen Beitrag zu Krieg und Frieden – nein, kein Sockenstricken. Aber er beschriftet liebevoll ein Kästchen ukrainische Mörsergranaten mit seinem Namen und bezeichnet die Russen als «Orks». Untermenschen, ganz klar. Und er dokumentiert das Ganze auf Twitter. Vorbild, vielleicht: die amerikanischen Soldaten, die Mörsergranaten, die sie an Ostern 1943 auf deutsche Einheiten abfeuerten, mit «Happy Easter, Adolph» beschrifteten.
Nun, wer sich auf der Seite des Guten wähnt, darf sich offenbar jede Geschmacklosigkeit herausnehmen. Auch die Frauen leisten ihren Beitrag, das tun sie ja seit Olims Zeiten. Annalena Baerbock und Marie-Agnes Strack-Zimmermann etwa schlagen unermüdlich die Trommel für einen Vernichtungskrieg gegen Russland, alles andere sei ja unmoralisch.
Ob es nicht ebenfalls unmoralisch ist, den Krieg mit milden Gaben an die Ukraine zu verlängern, so dass dort das Sterben weitergeht, statt mit allen diplomatischen Mitteln auf Waffenstillstand und Verhandlungen hinzuarbeiten? Ist die deutsche Kriegsbesoffenheit in irgendeiner Weise hilfreich? Putin will nicht verhandeln, tönt es dort. Soso. Das allerdings weiss man erst, wenn man es versucht hat. Doch solange man in den USA nicht will, dass verhandelt wird, geht das Blutbad weiter.
Moralisch ist das jedenfalls nicht.
dölf haben sie damals zum glück auch geschwächt, aus moralischen oder anderen gründen ist mir eigentlich ziemlich egal.
Kein vernünftiger Mensch würde Putjin unterstellen, den innersowjetischen Krieg nicht vermieden haben zu wollen. Selbst '14 wäre ihm ein Eingreifen auf die Füße gefallen , da die Stimmung bereits damals in Kiew, Lemberg und anderswo von Washington bestimmt war. Die USA wissen seit 200 Jahren ihre Gegner an den Rand zu drängen. Putjin ging ihnen in die Falle, sodass er nicht mehr anders kann als bestenfalls einen Pyrrhussieg zu erringen. Auch auf die Gefahr eines Kernwaffeneinsatzes hin.
McGregor sagt hier, um was es im Krieg Wirklich geht: https://de.rt.com/kurzclips/video/174570-worum-es-im-ukraine-krieg/