Die Aufarbeitung der Corona-Zeit geniesst in den wenigsten Ländern grosse Priorität. Die meisten Regierungen stellen sich auf den Standpunkt, der Spuk sei ja vorbei und man solle nun nicht zurückschauen.

Der deutsche Gesundheitsminister Karl Lauterbach hat im Handelsblatt durchblicken lassen, dass er durchaus bereit sei für einen Rückblick – «aber anders, als viele sich das vorstellen», wie er präzisierte.

Konkret möchte er auf jede Schuldzuweisung verzichten und sich ganz darauf beschränken, was man aus der Vergangenheit für künftige Krisen lernen könne.

Das macht aus seiner Perspektive natürlich Sinn. Stellt man die Schuldfrage für eine überzogene Politik, sinnlose Massnahmen und die Einschränkung von Grundrechten, würde man recht schnell bei Lauterbach landen.

Die Politik in den ersten Corona-Wellen hatte noch sein Vorgänger Jens Spahn (CDU) zu verantworten, aber danach war Karl Lauterbach am Drücker – und zog die Daumenschrauben an.

Keine Massnahme war dem SPD-Minister zu extrem, und ging es um die Impfung, dann wurde er geradezu missionarisch. Bis hin zur Aussage, sie sei «nebenwirkungsfrei». Was belegbar falsch war.

Es sei ihm und der ganzen Regierung stets nur darum gegangen, die Bevölkerung zu schützen, sagt Lauterbach bis heute. Entsprechend wünscht er sich keine Debatte über Fehler in der Vergangenheit. Denn diese sind ja gemäss ihm stets aus bester Absicht erfolgt.

Immerhin zeigt er sich bereit für eine Überprüfung der Frage, ob die Massnahmen «medizinisch richtig» gewesen seien. Zu einer echten Aufarbeitung würde aber auch gehören, sich zu fragen: Wenn sie es nicht waren, hätte man das vielleicht schon früher wissen können – und wenn ja, warum hat die Politik dann doch anders gehandelt?