Manche Strategen betrachten Soldaten als eine Verfügungsmasse, die sie in einen Krieg werfen, um ein bestimmtes Ziel zu erreichen. Das ist keine neue Erkenntnis.

Dass allerdings eine eiskalte, über Leichen gehende, ja schreibtischtäterhafte Strategie im deutschen Fernsehen so offen präsentiert wird wie dieser Tage in der Talk-Show «Maischberger», offenbart, wie tief sich der Bellizismus mittlerweile in den öffentlichen Diskurs gefressen hat.

Ob Experten, Politiker oder Journalisten: Eine erschreckende ethisch-moralische Verwahrlosung durchdringt das, was sie als «Unterstützung» für die Ukraine verstanden wissen wollen.

Als am Mittwochabend die Politikwissenschaftlerin Florence Gaub bei Maischberger zu Gast war, bot sich dem Betrachter ein erschreckender Einblick in die Gedankenwelt jener Strategen, die wollen, dass die Ukrainer kämpfen.

Gaub sagte bei einer Diskussion mit Sahra Wagenknecht, es gehe nicht darum, den Krieg zu «deeskalieren», sondern darum, ihn zu «beenden». «Und da kann Eskalation durchaus eine Rolle spielen.»

Um einen Krieg beenden zu können, könne man auf zwei Möglichkeiten zugreifen: «Man deeskaliert oder eskaliert.» «Manchmal», so Gaub, «muss es erst richtig nach oben gehen, bis die andere Seite bereit ist, einzuschwenken.» Sie bemüht bei diesen Worten den Vergleich eines streitenden Paars.

Was Gaub offensichtlich meint, ist: Wenn vonseiten der Ukrainer immer heftiger gekämpft wird, wird Russland irgendwann beigeben.

Was heisst diese Logik übersetzt? Sie bedeutet: unfassbares menschliches Leid auf beiden Seiten.

Es heisst: viele Soldaten, die sterben, verwundet und für den Rest ihres Lebens traumatisiert sein werden. Die einzelnen Soldaten – oder genauer: Die 18-, 19-Jährigen, die da unter anderen in Uniform auf dem Schlachtfeld stehen – kommen in dieser Betrachtung nicht mehr als Menschen vor.

Sie sind entwertet als blosses Kampfmaterial.

Marcus Klöckner ist Journalist und Autor. Zuletzt von ihm erschienen: «Möge die gesamte Republik mit dem Finger auf sie zeigen. Das Corona-Unrecht und seine Täter», Rubikon.

Marcus Klöckner ist Journalist und Autor. Zuletzt von ihm erschienen: «Möge die gesamte Republik mit dem Finger auf sie zeigen. Das Corona-Unrecht und seine Täter», Rubikon.