Der britische Schauspieler Jude Law ist ein Meister seines Fachs. Preisgekrönt, umjubelt – entwaffnend galant. Am Zurich Film Festival gehörte ihm der erste grosse Applaus.

Der 51-jährige Brite durfte seinen Film «The Order» präsentieren. Darauf wurde ihm von Bundesrätin Elisabeth Baume-Schneider das Goldene Auge überreicht, das seiner Leistung im Film sowie einer gesamten Karriere gewidmet ist.

Doch die Medien hatten Augen für einen anderen (oder für ein anderes). Der Blick titelte: «ESC-Wunder Nemo stiehlt Jude Law die Show.» Mit Schoggi-Diamanten um den Hals, zwei Ventilatoren sorgten dafür, dass er nicht schmilzt.

Der Beobachter aus der Halbdistanz reibt sich verwundert die Augen. Ist dies Ironie? Oder doch tierischer Ernst? Sechs Monate nach seinem Triumph am Eurovision Song Contest hat der nonbinäre Glamour-Barde Nemo zwar seine Ständerlampen-Kappe abgelegt und das Tutu der Kleidersammlung zugeführt. Sonst aber lautet das Fazit: eher schlecht gealtert.

Mit seinem ESC-Coup hatte der Bieler ganz Europa den Kopf verdreht – und die Botschaft von der grenzenlosen Freiheit durchs Land getragen. Seiner politischen Message waren keine Grenzen gesetzt: weg von Standards und vorgefassten Meinungen; hin zur Freiheit und zur absoluten Offenheit. Am Ende stand die politische Forderung nach der Einführung eines dritten Geschlecht (oder sogar des vierten?).

Doch nun scheint dem Sänger die ganze Sache über den Kopf gewachsen zu sein. Wie der Zauberlehrling ist er von seinem eigenen Tun überfordert. Anders kann man seinen Auftritt am Filmfestival nicht werten. Und die entscheidende Frage bleibt ohnehin unbeantwortet: Was hat Nemo mit der Filmkunst zu tun?

Geeignet wäre er allenfalls für eine Nebenrolle in einer Tragikomödie.