In Bezug auf den Anschlag auf Nord Stream 2 forderte Roderich Kiesewetter die deutschen Ermittler vor einigen Monaten auf, auch in Richtung Moskau zu ermitteln. «Russland war beteiligt», gab sich der CDU-Politiker überzeugt. Auch geisterte er immer wieder mit der These durch die Medien, Deutschland sei «erklärtes Kriegsziel von Putin».

Man könnte ihm eine mindestens mittelschwer ausgeprägte Russophobie attestieren, aber bei Ferndiagnostik gebietet es sich, zurückhaltend zu sein. Dennoch stimmt eine nächste Aussage erneut bedenklich. Bei «Markus Lanz» am Mittwochabend im ZDF sagte Kiesewetter: «Der 7. Oktober, der Angriff der Hamas auf Israel, war der Geburtstag von Putin». Dies sei «ein Symbol», und zwar «kein zufälliges Symbol».

Nun war gerade kein vermeintlicher Faktenchecker in der Nähe, und auch Lanz und seine Talkgäste hatten mit dieser verschwörungstheoretisch anmutenden Einlassung keinerlei Probleme. Im Gegenteil, der Politologe Hasnain Kazim nickte noch wissend.

Was eigentlich soll damit gesagt sein? Dass die Hamas Putin ein ganz besonderes Geschenk machen wollte oder Putin sich selbst? Hätte ein AfD-Politiker eine derartige Substanzlosigkeit von sich gegeben, hätte Lanz sich gewiss mit Feuereifer zum Talk-Inquisitor aufgeschwungen.

Kiesewetter befeuert damit ganz gezielt Mutmassungen, wonach der Angriff der Hamas dem Ziel diene, den Westen von seiner Unterstützung der Ukraine im Krieg gegen Russland abzubringen. Das würde bedeuten, dass die russische Regierung über den Plan der islamistischen Terrororganisation informiert gewesen sein müsste – darauf aber gibt es keinerlei Hinweise.

Erneut wird jeder Konflikt instrumentalisiert, um Putin als Dämon zu zeichnen, als Strippenzieher alles Bösen in der Welt. Was anderes sonst ist das als die Russophobie, die man in Deutschland längst überwunden glaubte?

Und erneut bleiben die USA unangetastet. Dabei ist längst das Wording ins Spiel gebracht, der Angriff der Hamas sei für Israel ein 9/11-Moment. In der Übersetzung hiesse das auch, dass damit ein nächster Krieg gegen den Terrorismus ausgerufen werden kann.

Es ist bekannt, was das bedeutet: Infolge der US-geführten Kriege seit den Anschlägen vom 11. September 2001 starben über 900.000 Menschen im Zusammenhang mit Kriegshandlungen.

Anders gesagt: Niemand braucht Kiesewetters brandgefährliche Kommunikationsstrategie.