Diese Groko wird eher klein: In Hessen setzt die CDU nach zehn Jahren die Grünen als Koalitionspartner vor die Tür und künftig auf die SPD (15,1 Prozent) als Mehrheitsbeschaffer. Damals, als man schwarz-rote Bündnisse noch «Grosse Koalition» nannte, lagen die beiden «Parteien der Mitte» noch gleichauf und erreichten gemeinsam satte Mehrheiten. In Hessen reicht es so leidlich.

Und die Grünen? Beginnt in Hessen der lange Abschied von der Macht?

Zeigt der Marschbefehl von CDU-Chef Friedrich Merz, die Grünen seien der «Hauptgegner» der Union, jetzt Wirkung?

Gemach! Gemach!

Fakt ist, dass die Grünen auch bundesweit (15 Prozent) so unbeliebt sind wie lange nicht und bei den nächsten Wahlen (Europa, Thüringen, Brandenburg, Sachsen) vermutlich wenig Hoffnung schöpfen können. Deutschlands Osten ist traditionell eher grüne Diaspora.

Doch auch die Union hielt sich bis vor kurzem noch die Koalitionsoptionen mit den Grünen offen. Erst in den letzten Wahlkampfwochen lief etwa CSU-Chef Markus Söder zu harten Attacken gegen die Grünen auf, weil klar wurde, dass die Unionswähler in Bayern eine Kooperation mit den Grünen als Ende der CSU betrachten.

Unter den Topstrategen der Union geht vor allem die Angst um, dass die etablierten Parteien der Mitte künftig aufgerieben werden könnten zwischen Randblöcken der Frustrierten rund um die AfD und den Grünen. Der Grund: Die Grünen, so ergeben es Untersuchungen der Wählermotive, haben einen geradezu fest betonierten und äusserst wetterfesten Ideologiebestand, der ihnen auch im tiefsten Beliebtheitstal noch neu bis zu 12 Prozent an Zuspruch sichert. Die SPD beispielsweise liegt in Thüringen aktuell bei 9 Prozent, bei der Bayern-Wahl lag sie noch leicht darunter.

Vorsicht also mit verfrühten Nachrufen auf die Grünen. Auch wenn ihr inhaltliches Scheitern von Energie bis Migration kaum jemals deutlicher wurde als jetzt. Merke: Politische Traumtänzer leben länger.

Ralf Schuler ist Politikchef des Nachrichtenportals NIUS und betreibt den Interview-Kanal «Schuler! Fragen, was ist». Sein Buch «Generation Gleichschritt. Wie das Mitlaufen zum Volkssport wurde» ist bei Fontis (Basel) erschienen. Sein neues Buch «Der Siegeszug der Populisten. Warum die etablierten Parteien die Bürger verloren haben. Analyse eines Demokratieversagens» erscheint im Herbst und kann schon jetzt vorbestellt werden.