«Ich bin doch nur so ein Junge aus Magdeburg, der vielleicht nicht für grosse Sachen bestimmt ist. Aber anscheinend doch.» So kommentiert der neue Olympia-Sieger über 400 Meter Freistil, Lukas Märtens, seine Goldmedaille. Märtens ist gerade einmal 22 Jahre alt, und während ich mich bei der Siegerehrung für ihn mitfreue, frage ich mich zugleich, was einen jungen Mann in Deutschland heutzutage noch dazu motiviert, sein Leben dem Leistungssport zu widmen.

Denn Leistung ist in diesem Land seit geraumer Zeit eher verpönt. Im Kinderfussball werden seit einiger Zeit neue Spielformen getestet, bei denen auf mehrere kleinere Tore gespielt wird und Ergebnisse nicht mehr veröffentlicht werden. Fussballfunktionär Joachim Watzke bezeichnete die Pläne des DFB zu einer flächendeckenden Umsetzung dieser Spielreformen bereits im letzten Jahr als «unfassbar» und «nicht nachvollziehbar».

Ähnliche Kritik äusserte Ex-Turner und Olympiasieger Fabian Hambüchen erst kürzlich in einem Interview mit Welt online in Bezug auf die Neuerungen bei den Bundesjugendspielen. Die in Teilen abgeschaffte Bewertung sei, so Hambüchen, «der grösste Irrsinn überhaupt». Zudem würden junge Menschen auch im Berufsleben immer mehr Ansprüche stellen, aber nur selten die entsprechende Leistung dafür erbringen wollen, so der Welt- und sechsfache Europameister. Man kann erahnen, wie Hambüchen zur Diskussion um die Abschaffung von Schulnoten steht, die ebenfalls seit Jahren immer wieder in Deutschland geführt wird.

Zu einer zunehmend leistungsfeindlichen Gesellschaft, die von Politikern und linken Aktivisten vorangetrieben wird, gesellt sich aber noch ein zweiter Punkt. Die immer wiederkehrende Debatte über die Sportförderung in Deutschland. Wer in Deutschland als Spitzensportler nicht gerade Fussball oder Tennis spielt, kann kaum davon leben. Die meisten Athleten müssen neben ihrer sportlichen Tätigkeit Vollzeit arbeiten. 20.000 Euro gibt es immerhin mittlerweile für eine Goldmedaille. Vor über zehn Jahren waren es nur 15.000 Euro. Allerdings zahlen einige andere Länder deutlich mehr. Es braucht also für die meisten Sportler eine gute Portion intrinsischer Motivation. Reich wird man nur in den seltensten Fällen.

Ohnehin wollen viele junge Menschen heutzutage eher leistungslos an Geld kommen. Und die Gesellschaft fördert diese Form der Faulheit nicht nur durch politische Anreize wie Bürgergeld, sondern auch durch neue Berufsformen wie «Influencer», für die es weder Qualifikation noch sonderlich viel anderes Können braucht. Dazu kommt eine durch den demografischen Wandel zunehmend migrantisch geprägte Jugend, die mit vielen Sportarten abseits des Fussballs überhaupt nichts anfangen kann. Nicht umsonst bemängeln linke Journalisten seit Jahren, dass Sportarten wie Handball und Volleyball in ihren Augen «zu weiss» seien, und ärgern sich insgeheim darüber, dass hier keine verpflichtende Quote für «People of Color» existiert.

Vor diesem Hintergrund ist die Entscheidung eines jungen Menschen wie Lukas Märtens, seine ganze Zeit und Energie dem Schwimmsport zu widmen, gar nicht hoch genug zu bewerten. Viel zu selbstverständlich nehmen wir hin, was aktuell in Deutschland überhaupt nicht mehr selbstverständlich ist. Eigenverantwortung, Leistungsbereitschaft und der unbedingte Wille, zu gewinnen.

Darüber hinaus zeigt sich, dass sich die Natur des Menschen bei allen Versuchen sozialistischer Gleichmacherei nie ganz unterdrücken lässt. Dass der Hauptantrieb für das Erbringen von Spitzenleistungen immer noch der Wettbewerb und die Konkurrenz zu anderen ist. Das gilt für den Sport genauso wie für die Berufswelt. Wäre damals, als Lukas Märtens mit dem Schwimmsport begann, jemand bei seinem Verein, dem SC Magdeburg, auf die Idee gekommen, seine Zeiten nicht zu erfassen und mit den anderen zu vergleichen, hätte man die Bewertung und den Wettkampf beim Schwimmen wie bei den Bundesjugendspielen und im Kinderfussball einfach abgeschafft – ich bin mir nicht sicher, ob er am vergangenen Samstag die Goldmedaille gewonnen hätte oder nicht schon vor Jahren den Schwimmsport an den Nagel gehängt hätte.

Am Ende muss man sich als Nation eben entscheiden: Will man Erfolge feiern oder nicht? Wenn ja, kommt man ohne das Leistungsprinzip nicht aus.