Trotz der globalen Entwicklungen und Handelssanktionen infolge des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine scheint Deutschland weiterhin beträchtliche Mengen an russischem Öl aus Indien zu importieren. Dies legen Zahlen des Statistischen Bundesamt nahe, wie der Spiegel schreibt.

Die Einfuhr von Mineralölerzeugnissen aus Indien in den ersten sieben Monaten dieses Jahres seien im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um das Zwölffache gestiegen. Die Wiesbadener Behörde berichtete, der Wert dieser Importe sei von lediglich 37 Millionen Euro in den ersten sieben Monaten des Jahres 2022 auf beeindruckende 451 Millionen Euro von Januar bis Juli 2023 geklettert.

Indien seinerseits hat in jüngster Zeit grosse Mengen Rohöl aus Russland importiert. Insbesondere im Juli mit fast sechzig Millionen Barrel – was etwa 40 Prozent der gesamten Ölimporte des Landes entspricht. Diese Entwicklungen stehen im Kontrast zu den Zeiten vor dem russischen Angriff auf die Ukraine, als der russische Anteil an Indiens Öleinfuhren nur bei 2 Prozent lag.

Die gravierenden Veränderungen in den Handelsströmen sieht der Spiegel als direkte Reaktion auf die von der EU verhängten Russland-Sanktionen. Deutschland hat sogar seine direkten Ölimporte aus Russland eingestellt. In dieser neuen Handelslandschaft hat Indien vermehrt russisches Erdöl erworben, oft zu deutlich reduzierten Preisen. Es gebe Anzeichen dafür, dass ein Teil dieses Öls in verarbeiteter Form nach Deutschland gelange.

Die deutschen Statistiker betonten, dass die hauptsächlichen Importe aus Indien «Gasöle für die Herstellung von Diesel oder Heizöl» waren, die vermehrt aus russischem Rohöl hergestellt werden. Die Hauptprofiteure dieses Geschäfts seien die Eigentümer grosser indischer Raffinerien, darunter Reliance, ein Industriekonglomerat im Besitz der indischen Milliardärsfamilie Ambani, sowie Nayara Energy, Betreiber der zweitgrössten Raffinerie Indiens, bei dem der russische Ölkonzern Rosneft einen bedeutenden Anteil hält.

In einem weiteren Schritt haben westliche Staaten einen Preisdeckel für russisches Öl eingeführt, den sie international über Reedereien und Versicherungen durchsetzen wollen. Allerdings zeigen Daten des KSE Institute der Kyiv School of Economics, dass dieser Preisdeckel für russisches Urals-Öl nicht wie geplant funktioniert. Der tatsächliche Preis liegt deutlich über dem von den G-7-Staaten festgelegten Maximalpreis von 60 Dollar pro Barrel. Offensichtlich gibt es Probleme bei der Überwachung der Einhaltung dieses Deckels durch die Behörden in den Ländern, in denen die Reedereien und Versicherungen tätig sind.

Gemäss dem Branchenportal Oilprice.com wurde am Montag ein Barrel Urals-Öl zu einem Preis von über 74 Dollar gehandelt, während eine andere russische Sorte namens Sokol sogar über 84 Dollar erzielte.