Anne Will hat bereits abgedankt. Zeit wäre es auch für TV-Kollege Markus Lanz. Doch der Talkmaster geht gerade so richtig auf in seiner inzwischen verlässlichen Rolle als AfD-Wahlkampfhelfer. In der Sendung am Donnerstagabend gab er Parteichef Tino Chrupalla die Chance, sich als souverän, kompetent und komplett immun gegen verbalen Dauerbeschuss zu präsentieren.

Natürlich war offensichtlich, dass der ZDF-Mann genau das Gegenteil im Sinn hatte. Es sollte das übliche und sehr durchschaubare Vier-gegen-einen-Tribunal werden, bei dem unliebsame Gäste vorgeführt und diskreditiert werden sollen. Ein perfider Reigen an Respektlosigkeiten, der auch noch vom Gebührenzahler finanziert werden muss.

Doch Chrupalla parierte in erstaunlicher Gelassenheit, egal ob beim Thema Russland, Migration oder Israel. Je mehr das Niveau sank, desto stärker behielt er Nerven und Form. Selbst als Michael Wolffsohn zu exorbitanten Beleidigungs-Arien ausholte, liess er sich nicht aus seiner argumentativen Sachlichkeit reissen.

Der Historiker, berauscht von seiner eigenen Hybris, fiel oberlehrerhaft über den AfD-Chef her mit Aussagen wie «Sie erfassen die Wirklichkeit intellektuell nicht», «Sie müssen die Materie besser durchdringen» und «Sie können es nicht.»

Obwohl es permanent um Semantik und Wortklauberei ging, warf Lanz wiederholt ein, dass es genau darum nicht gehen würde. Redete Chrupalla von einem «Angriff» auf Israel, wurde ihm vorgeworfen, das sei falsch, er müsse von einem «Terror-Überfall» reden, der eine «Blut-und-Mord-Orgie» gewesen sei. Auch das Wort «Globalismus» dürfe er nicht verwenden, schliesslich habe Donald Trump das Wort salonfähig gemacht. Und immer so fort.

In Sachsen und Thüringen sind nächstes Jahr Landtagswahlen. Gemäss aktuellen Umfragen könnte die AfD in beiden Bundesländern stärkste Partei werden. Dass Lanz dazu beiträgt, zeigen auch die Kommentare im Internet. Unter dem Youtube-Video des ZDF ist fast ausschliesslich Empörung über die Talk-Inquisition zu lesen und auch Statements wie «Herr Chrupalla, mit dieser Sendung haben Sie meine Stimme gewonnen.»

Werden Lanz und Konsorten je merken, dass ihre Rechnung nicht aufgeht?

Die 3 Top-Kommentare zu "Markus Lanz scheitert an Tino Chrupalla: Der AfD-Chef wird von allen Seiten attackiert, besteht aber im niveaulosen TV-Tribunal. Statt «Vier gegen einen» heisst es «Einer gegen alle»"
  • masinger55

    Ich bewundere die Gelassenheit von Leuten wie Chrupalla, Wagenknecht, Weidel, Gauland & Co. Ich glaube, mir würde hie und da die Hand ausrutschen…

  • turikum

    Überhaupt war die Diskussion nur auf den Mann gerichtet und abqualifizierend, die Themen wurden gar nicht diskutiert. Argumentum ad hominem eben.

  • bussard100

    Wo ist den die Reporterin der Weltwoche, welche in den Lanz verliebt ist? Es ist doch sonnenklar, dass Lanz gekauft wurde. Er war noch nie neutral.