Bern

Am Dienstag wollte die Finanzmarktaufsicht (Finma) ihren jährlichen Point de Presse durchführen. Doch die «professionelle Aufsicht für einen starken Finanzplatz» (Eigenwerbung) verschob den Anlass auf den Sankt-Nimmerleins-Tag. Für Kritiker ist klar: Hier stiehlt sich jemand aus der Verantwortung.

Insbesondere Präsidentin Marlene Amstad müsste hinstehen und sich erklären. Ihre Rolle beim Aus der Credit Suisse beschreiben Beobachter als «obskur». Das fing damit an, dass die Titularprofessorin der Universität Bern bei der heute schon legendären Medienkonferenz vom 19. März andeutete, die sozialen Medien hätten das Bankinstitut zu Fall gebracht. Die Botschaft der 54-jährigen Finanzspezialistin in einem der dunkelsten Momente der Schweizer Wirtschaftsgeschichte war unmissverständlich: Wir als Finma haben unsere Sorgfaltspflichten erfüllt. Äussere Umstände, die die Finma nicht beeinflussen konnte, führten zur Pleite.

Damit stellt sich gleich die nächste Frage: Wenn die Grossbank kein Solvenzproblem hatte und nicht überschuldet war, weshalb stärkte ihr Amstad nie öffentlich den Rücken? Die Finma-Chefin und ihre Entourage befanden sich auf Tauchstation, während die CS um ihr Überleben kämpfte. Niemand, der dem Geldinstitut öffentlich das Vertrauen aussprach.

«Fokus auf die Arbeiten»

Wer ist diese Frau, die ähnlich wie die CS-Manager zu keiner Selbstkritik bereit ist? Amstad lancierte 1994 ihre Karriere an der Konjunkturforschungsstelle der ETH Zürich. Danach folgte ironischerweise ein Abstecher ins Kreditrisiko-Management der Credit Suisse. Darauf war sie in rascher Abfolge in verschiedenen Jobs bei der Schweizerischen Nationalbank, der Federal Reserve Bank of New York, der Bank für Internationalen Zahlungsausgleich in Hongkong tätig. Dazu lehrte und forschte sie zum Thema «Money and Banking» an der Chinese University of Hong Kong und war Mitverfasserin von Büchern im Finanzwesen.

Umso erstaunlicher, dass eine solch hochdekorierte und erfahrene Bankenexpertin der Öffentlichkeit weismachen will, dass einige Tweets ein Institut wie die CS zum Einsturz bringen können.

Auf Nachfrage, weshalb die Finma die Pressekonferenz verschoben habe und ob sich die öffentlich-rechtliche Anstalt vor kritischen Fragen im Zusammenhang mit der CS fürchte, sagt Finma-Sprecher Tobias Lux: «Die Finma hat ihre Jahresmedienkonferenz heute wegen dem aktuell starken Fokus auf die Arbeiten rund um die Fusion von UBS und CS verschoben. Wir werden über den neuen Termin der Jahresmedienkonferenz informieren.»

Sicher ist: Aufgehoben ist nicht aufgeschoben. Auch zu einem späteren Zeitpunkt dürfte sich Amstad einige kritische Fragen gefallen lassen müssen. Dafür steht bei dem Bankendeal zu viel auf dem Spiel.