Während fast eines Jahres behinderten Öko-Aktivisten zwischen 2016 und 2017 den Bau der «Dakota Access Pipeline», die Erdöl über 1200 Meilen quer durch den Mittleren Westen der USA verfrachtet. Es kam zu diversen Brandstiftungen, Blockaden und gewalttätigen Zusammenstössen. Greenpeace spielte eine führende Rolle bei den Protesten gegen das 3,8 Milliarden Dollar teure Projekt.

Trotzdem nahm die Pipeline im Frühling 2017 ihren Betrieb auf. Doch der Erdöl-Tycoon Kelcy Warren mag die Kosten der Bauverzögerungen und Sachbeschädigungen nicht auf sich sitzenlassen. Nun klagt er Greenpeace auf 300 Millionen Dollar Schadenersatz ein. Die Organisation soll die illegalen Aktionen gegen seine Firma mit falschen Informationen angestachelt haben. Gemäss Wall Street Journal stehen seine Erfolgschancen gut.

Mit einer früheren Klage auf Bundesebene, die sich auf ein Anti-Mafia-Gesetz stützte, war Warren zwar bereits abgeblitzt. Doch über die neue, etwas milder formulierte Klage wird in nächsten Februar eine Jury in North Dakota entscheiden. Und dieser Staat gilt als erdölfreundlich und konservativ. 1964 gewann hier letztmals ein Demokrat die Präsidialwahlen.

Auch Greenpeace nimmt die Klage offenbar sehr ernst. Der Ökokonzern beruft sich auf die Meinungsfreiheit und versucht seine Rolle im Kampf gegen die Pipeline herunterzuspielen. Im Falle einer Verurteilung droht in den USA gemäss einer Sprecherin Greenpeace der Bankrott. Und genau dies strebt Warren an. Er will grüne Aktivisten «aus dem Genpool» entfernen, wie er in einem früheren Interview sagte. Meinungsfreiheit rechtfertige keine kriminellen Aktivitäten.

Dass Unternehmer aktiv gegen die Ökolobby vorgehen, kommt selten vor. In der Regel sind die Erdölfirmen heilfroh, wenn sie unter dem Radar der Aktivisten durchgehen. Doch der gebürtige Texaner Warren hat sich die Causa zu seinem persönlichen Anliegen gemacht.

Für den in den Niederlanden ansässigen Weltkonzern Greenpeace bedeutet ein Bankrott des US-Zweiges zwar nicht den Untergang. Doch er würde ein Fanal setzen, das Betroffene auch anderswo zu Klagen ermutigen könnte gegen eine Organisation, die illegale Besetzungen zu ihrem Markenzeichen gemacht und es mit der Wahrheit noch nie so genau genommen hat.